By: Mariana Stjerna (Author)

Zeitreise zum Ursprung und in die Zukunft

Publisher: SoulLink Publisher, Sweden
Zeitreise zum Ursprung und in die Zukunft ist die unabhängige Fortsetzung von Mariana Stjernas erfolgreichem Roman Auf Engelsflügeln. Während es im ersten Buch darum geht, was mit uns nach unserem physischen Tod geschieht, enthüllt dieses Buch den Ursprung des Menschen und was mit der Erde und der Menschheit geschehen wird, wenn wir das Große Portal durchschritten haben, weiser geworden sind und ein höheres Bewusstsein erreicht haben. Auf seine ganz eigene Art und Weise fährt Jan Fridegård fort, durch sein Schreibmedium Mariana Stjerna, von seinen Missionen und Abenteuern auf der anderen Seite zu erzählen. Diesmal begibt er sich auf eine Zeitreise weit über unser eigenes Universum hinaus.
Language: 🇩🇪 German

Hardcover

ISBN: 978-91-986787-3-4
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PaperBack

ISBN: 978-91-986787-2-7
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Kindle

ISBN: 978-91-986787-4-1
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Mariana Stjerna ist eine hoch angesehene schwedische Autorin und Medium. Mariana ist eine erfahrene Autorin und das zeigt sich in ihrem mühelosen Stil. Sie ist seit ihrer Kindheit Hellseherin und hat mehrere Bücher über spirituelle Themen geschrieben. Sie arbeitete als Lehrerin und später gab sie Kurse in spiritueller Entwicklung und Weisheit. Vor vielen Jahren saß Mariana in ihrem Arbeitszimmer und schrieb einen Brief an eine Freundin. Plötzlich hörte sie eine Stimme, die laut sagte: “Hör auf damit! Hör mir zu!” Als sie aufblickte, sah sie einen großen Mann hinter ihrer Schreibmaschine stehen, der sie anlächelte. Er war nur für einen kurzen Moment da, aber sie sah ihn ganz deutlich. Sie erkannte auch sein Gesicht, aber es dauerte eine Weile, bis sie herausfand, wer er war. Sein Name war Jan Fridegård, ein sehr berühmter schwedischer Schriftsteller, der einige Jahre zuvor verstorben war. Sie hatte sich nie für seine Bücher interessiert, aber sie hatte ihn in ihrer Jugend ab und zu gesehen, wenn sie in ein bekanntes Café für Künstler in Stockholm ging. Jan unterhielt sich weiter mit ihr, und er wurde in den kommenden Jahren zu Marianas Inspirationsquelle. Vier der fünf hier erwähnten Bücher hat er mehr oder weniger diktiert. Jedes kann separat gelesen werden. Bis jetzt hat Mariana achtzehn Bücher veröffentlicht, von denen die folgenden fünf auf Deutsch erschienen sind: Auf Engelsflügeln, Zeitreise zum Ursprung und in die Zukunft, Das Unsichtbare Volk, Agartha – Die Welt im Inneren der Erde und Auf einer Mission im All.

Zeitreise zum Ursprung und in die Zukunft ist die unabhängige Fortsetzung von Mariana Stjernas erfolgreichem Roman Auf Engelsflügeln. Während es im ersten Buch darum geht, was mit uns nach unserem physischen Tod geschieht, enthüllt dieses Buch den Ursprung des Menschen und was mit der Erde und der Menschheit geschehen wird, wenn wir das Große Portal durchschritten haben, weiser geworden sind und ein höheres Bewusstsein erreicht haben. Auf seine ganz eigene Art und Weise fährt Jan Fridegård fort, durch sein Schreibmedium Mariana Stjerna, von seinen Missionen und Abenteuern auf der anderen Seite zu erzählen. Diesmal begibt er sich auf eine Zeitreise weit über unser eigenes Universum hinaus. “Es ist Zeit für euch, nicht nur unbekannte Planeten oder Teile unserer unendlichen Wesenheit zu besuchen. Ihr werdet in das reisen, was man die Zukunft nennen könnte… Es wird eine mystische Reise über alle Grenzen hinweg sein – ich meine technisch machbare Grenzen, aus menschlicher Sicht gesehen. Ihr müsst nun all eure Vorurteile abwerfen und ein schimmerndes Gewand anziehen, das euch in etwas hineinführt, das ihr euch in euren kühnsten Träumen niemals hättet vorstellen können”, sagte Meister Melchizedek, als er uns über die Mission informierte. “Diese Reise ist eine Lektion darüber, was der Kosmos wirklich ist”, fuhr er fort, “oder die ursprüngliche Kosmologie, wenn ihr meint, dass das besser klingt.” Wir kommen unter anderem in eines der sieben Superuniversen, die sich um ein statisches Zentraluniversum drehen, und machen Besuche bei den folgenden Ursprungskulturen: den Mayas, den Maoris, den Inkas, den Azteken, den Sumerern, den Inuit, den Zulus, den Etruskern, den Basken usw., die alle auf der Erde vertreten waren oder noch sind. Das Buch schließt mit einem Besuch bei der Zentralen Rasse und den WingMakers, die in einem Paradies leben… ohne Gewalt, weibliche Misshandlung, Machtgier oder Habsucht.

Inhalt

Marianas Einleitung

Jan Fridegård’s Einleitung

1. Der Verlassene Planet

2. Neue Zeitreise auf Engelsflügeln

Im Inneren des Portals im Super Universum

3. Der Planet der Mayas

Seltsames Intermezzo

4. Die Herkunftskultur der Maori

Gespräch auf einer Reise

5. Die Inkas und die Azteken

6. Die Sumerer

7. Die Bön oder Bon Religion in Tibet

8. Minoxor und die Minoer

Die Gärten

9. Die Hethiter

10. Die alten Ägypter

11. Maorions Geschichte

12. Auf dem Weg nach Hunera

13. Die Inuit

14. Zuidum und die Zulus

Die Stadt der Schlummernden

15. Die Etrusker

16. Taoismus – Die ursprüngliche chinesische Kultur

17. Shinto – Die ursprüngliche japanische Kultur

18. Ein Sprung zu den Tscherkessen

Eine denkwürdige Zeremonie

19. Die Basken

Ungewöhnliche Forschung

20. Zurück zur Zentralen Rasse

Unvergessliches Sein

Die Zentrale Rasse – das Paradies?

21. Eine Hochzeit auf Zulusche Art

22. Shalas Geschichte

23. Ende gut… aber kein Ende

24. Nachwort

Appendix

Meditationsübungen

 

Mariana’s Einleitung

Auf die Bitte vieler Menschen hin, habe ich mich endlich dazu entschlossen, einen zweiten Teil von Auf Engelsflügeln zu schreiben. Jan Fridegård hat mich schon lange wissen lassen, dass er mehr zu erzählen hat, aber erst jetzt war ich bereit zuzuhören. Deshalb setze ich mich an einem bedeckten Tag im Juli an meinen Computer und leere mich für die höheren Energien, damit sie in Form einer spannenden Geschichte hervortreten können, die uns über Zeit und Raum hinaus in ein Universum führt, das wir uns vielleicht vorstellen, aber nicht kennen.

Ich habe ein kleines Schmuckstück in Form einer Kugel, das mir seit mehr als 50 Jahren sehr wichtig ist. Es hängt immer um meinen Hals an einer kleinen Goldkette. Die Geschichte, wie ich die kleine Kugel bekommen habe, ist so eigenartig, geheimnisvoll und bezaubernd, dass ich sie euch unbedingt erzählen muss, zumal sie in diesem Buch eine besondere Bedeutung hat. Und vergesst nicht, dass die Geschichte von meiner kleinen Kugel wahr ist. Ich habe kein einziges Wort aus der ursprünglichen Geschichte, die mir mein englischer Freund Gerald R. erzählt hat, hinzugefügt oder abgezogen. Ich möchte mit dieser bemerkenswerten Geschichte beginnen, die mich seit so vielen Jahren verfolgt.

Es war das Jahr 1948, und ich reiste nach England, um meine Sprachkenntnisse vor meinem Abitur als Privatschülerin zu verbessern. Ich fuhr zusammen mit einer Freundin nach Penzance, das im Süden Cornwalls liegt. Dort hatten wir ein Zimmer in einem Familiengästehaus, einem sogenannten Boarding House, gebucht, das sich als ein ziemlich seltsamer Ort herausstellte. Der Besitzer, Herr Gerald R., hatte einen großen Teil seines Lebens in Fernost verbracht, unter anderem in Indochina. Die gesamte Pension war von seinen Reisen geprägt. Es gab eine einzigartige Mischung aus wertvollen Antiquitäten und Krimskrams, kleine Reiseerinnerungen von allen Basaren der Welt.

England litt noch unter den Folgen des Zweiten Weltkriegs und die Essensrationen im Gästehaus waren eher knapp bemessen – außer für mich und meiner Freundin. Wir wurden wie Könige behandelt, ohne zu verstehen warum! Es fehlte an nichts auf unserem Tisch und wir bemerkten, dass die anderen Gäste neidisch wurden. Herr R. und seine Familie machten ganz offen einen Aufstand um uns und wir fügten uns und genossen es.

Jeden Abend wurden wir in das private Wohnzimmer von Familie R. eingeladen, wo wir die fantastische Erzählkunst von Herrn R. genossen, zusammen mit einem riesigen Teller köstlicher Sandwiches. Wir waren jung und hungrig nach beidem: Essen und Kultur. Außerdem war das abenteuerliche Leben von Herrn R. vor dem Gästehaus wie ein erstklassiger Roman. Er war der Sohn eines Geistlichen und hatte seine College-Ausbildung in Oxford erhalten. In den Jahren 1914-1915 war er ein Hauptmann im 14. Husarenregiment. 1915 wurde er Major in den Westafrikanischen Grenztruppen und diente in Frankreich, Kamerun und Deutsch-Westafrika. Danach wurde er zum Offizier der Sonderermittlungsabteilung der SS-Polizei in Singapur ernannt, und dieser Job führte ihn in den ganzen Fernen Osten.

Herr R. war ein kleiner, hagerer Mann um die 55 Jahre alt, mit einer großen Nase und schütterem, braunem Haar. Ich hatte ständig das Gefühl, dass er uns noch etwas sagen wollte, etwas, das tief in ihm lag, und als wir von dort abreisten, versprachen wir, mit ihm und seiner Familie in Kontakt zu bleiben. Dies geschah auch, allerdings auf eine sehr unerwartete und bemerkenswerte Weise.

Gerald R. überhäufte mich mit seinen Briefen: lange, interessante, spannende Briefe, und oft waren kleine Geschenke aus seinen Sammlungen darin enthalten. Für mich war es äußerst förderlich, Englisch zu schreiben, da ich im darauffolgenden Frühjahr meinen Abschluss als Privatschülerin machen sollte und ich das Programm für moderne Sprachen gewählt hatte, sodass wir recht intensiv korrespondierten. Am Neujahrswochenende 1949 reiste ich nach Grangärde, um über das Wochenende vor meinen Prüfungen konzentriert zu lernen. Ich wohnte in einem Gästehaus, und am Silvesterabend kam die Gastgeberin keuchend mit der Mitteilung, dass ich zum Postamt in Grangärde gerufen wurde. Das werde ich nie vergessen!

Die Postbeamten versammelten sich um mich und zeigten mir einen kleinen, weißen, sehr dicken Umschlag, der am unteren Rand offen war. Dort ragte ein Wattebausch heraus – er war nicht gerade sauber! Sie versicherten mir, dass niemand den Brief geöffnet hatte. Er war in diesem erbärmlichen Zustand angekommen. Ich öffnete ihn im Beisein von Zeugen. Die Handschrift war mir mittlerweile vertraut: ein Brief von Gerald R. Vor meinen erstaunten Augen rollte ein kleines Knäuel, das aus Knochen zu sein schien, aus der Baumwolle. Darin befand sich auch ein dicker, eng beschriebener Brief, in dem er die Geschichte der kleinen Kugel erzählte, die seltsame Symbole trug.

Im Jahr 1921 verbrachte Gerald einige Zeit in der indischen Armee. Eines Tages fragte er einen sehr hoch gebildeten, alten indischen Beamten, ob er einen echten Yogi kenne. Gerald wusste, dass es noch lebende Männer gab, die Hüter der ungeschriebenen Weisheit durch die Jahrhunderte waren, die in Form von Zeichen und geheimen Worten von Meister zu Schüler weitergegeben worden war. Sie war niemals Fremden gegenüber offenbart worden. Der Beamte antwortete, dass er die Existenz dieser geheimen Wissenschaft nicht bezweifle und dass es einige Eingeweihte gäbe, die davon wüssten. Man dürfe nicht glauben, fügte der alte Mann hinzu, dass diese Weisen dasselbe seien wie aschebedeckte Zauberer oder jonglierende Fakire. Er erzählte mir, dass ein Sadhu – so werden die eingeweihten Weisen genannt – in der Stadt zu Besuch war. Dieser Mann hieß Sadhu Bisudhanan Dhan, und sicherlich würde Gerald ihn kennenlernen. Der Sadhu glaubte, dass alle Energie auf unserem Planeten von “unserem Herrn, der Sonne” stammt. Alle Macht über irdische Dinge existiert in den Strahlen der Sonne, wenn man die richtigen Wege findet, sie zu erreichen. Er war sehr bescheiden und genoss nicht allzu viel Aufmerksamkeit. Er studierte “Swabigan”, oder “die Kraft des Lichts”, die zu einem magischen Wissen führte. Indem er Lichtstrahlen durch eine Lupe konzentrierte, hatte er es geschafft, tote Vögel wieder zum Leben zu erwecken.

Es war der 25. März, als Gerald in der Residenz des Sadhus ankam. Er fand den Mann auf der Veranda sitzend, umgeben von seinen Jüngern: Bengalis, wohlhabende intelligente Kaufleute und Beamte. Der Sadhu saß auf einem langen, niedrigen Stuhl. Er hatte einen grauen Bart und er trug ein einfaches, safranfarbenes Tuch um seinen Körper und die brahmanische Schnur. Er hatte einen witzigen, amüsanten Gesichtsausdruck und ungewöhnlich große Augen, die voller Humor waren. Es schien, als sähe er direkt durch einen hindurch, direkt in die Ewigkeiten des Raumes… Er drückte Geralds Hand und bat ihn, sich zu setzen. Die Stille war fast peinlich. Die Jünger starrten Gerald an, und er fühlte sich unwohl.

“Stell ihm eine Frage und er wird sie beantworten”, sagte jemand.

“Warum bin ich hierher gekommen?”, fragte Gerald, denn er wusste es nicht wirklich.

“Genau in diesem Moment”, antwortete der Sadhu ernst, “geschieht etwas, das für dein Leben von großer Bedeutung sein wird. Alles, was ich für dich tun kann, ist dir zu helfen, das Ereignis zu erkennen, wenn es zu dir kommt. Deshalb bist du hier. Ich möchte, dass du dich an das Zeichen erinnerst, das ich dir geben werde. Merke es dir, merke es dir! Es wird so viel davon abhängen.”

Gerald schaute auf seine Uhr. Sie zeigte ein paar Minuten nach neun. Der alte Mann schickte einen seiner Jünger los, um eine Lupe und ein Stück Baumwolltuch zu holen. Er reichte Gerald das Baumwolltuch, das nach nichts roch. Das Vergrößerungsglas war eine doppelt konvexe Linse mit einem kleinen Stahlgriff. Gerald erinnerte sich an alles, bis ins kleinste Detail. Er saß ganz nah bei dem Sadhu und beobachtete jede einzelne Bewegung des alten Mannes. Der Sadhu packte das Baumwolltuch zwischen Zeigefinger und Daumen seiner linken Hand, während er das Vergrößerungsglas in seiner rechten Hand hielt. Er stellte das Glas so ein, dass ein Sonnenstrahl auf den Stofffleck schien. Nach einer Weile bat er Gerald, an dem Stofffleck zu riechen. Es roch nach Veilchen. Dann riss er ein Stück des Stoffes ab und wiederholte das gleiche Manöver. Es roch nach Rose.

“Das sind zwei schöne Düfte, die du wiedererkennst, aber sie haben keine besondere Bedeutung für dich. Ich wollte dir zeigen, dass ich jeden beliebigen Duft erzeugen kann. Jetzt wirst du einen Duft erleben, den du eines schönen Tages wiedererkennen wirst, auch wenn du es jetzt nicht tust. Versuche, ihn dir gut zu merken!”

Wieder ging er die gleiche Prozedur durch. Gerald roch an dem Tuch und nahm einen ungewohnten Duft wahr, einen Duft, den er nie vergessen würde. Der Duft war ein Parfüm von Guerlain (Vol de Nuit), das ich bei meinem Besuch in England benutzt habe. Der Sadhu legte nun das Vergrößerungsglas beiseite und saß regungslos da. Auf seinen Lippen spielte ein sanftes Lächeln. Es gab nichts in seiner Nähe, was den eigentümlichen Duft aufnehmen konnte. Er war nackt bis zur Hüfte. Er wusste nicht im Voraus, dass Gerald ihn besuchen würde. Das Ganze muss völlig unvorbereitet gewesen sein.

Gerald fragte sich, ob der Sadhu hypnotische Kräfte hatte. Der Schüler antwortete, dass dies die erste Fähigkeit war, die er bei der Großen Weißen Bruderschaft in Tibet erlernte, wo er vor vierzig Jahren in die Lehre ging. Aber an diesem Tag hatte er keine Hypnose angewendet. Gerald blieb lange bei dem alten Sadhu, und ihm wurden viele seltsame Geschichten erzählt. Als Gerald ging, befahl ihm der alte Mann, den Duft nie zu vergessen. Es war ein Schock, als er ihn so viele Jahre später an einem jungen Mädchen aus Schweden erkannte. Doch dann wagte er nicht, über das zu sprechen, was am 25. März 1921, zwischen 9 und 10 Uhr, in einer kleinen indischen Stadt geschehen war. – Am 25. März 1921, zwischen 9 und 10 Uhr, wurde ich in der südlichen Entbindungsklinik in Stockholm geboren. Es war Karfreitag.

Für Gerald war das die erste Verbindung, die er in Bezug auf mich erlebte. Trotz seines erzählerischen Talents war er ein schüchterner Mann und hatte sich nicht getraut, ein Wort über all das zu verraten, als ich in Penzance war.

Nun kehren wir zu dem Brief mit der Kugel zurück, dem seltsamen kleinen Gegenstand, der immer um meinen Hals hängt. Es war das Jahr 1930. Zu dieser Zeit war Gerald in Singapur (Malaysia) stationiert, als er den Befehl erhielt, nach Saigon (Vietnam) zu reisen, um einen Chinesen zu fangen, der ein Drogenhändler und Unruhestifter war. Er hatte eine ganze Reihe von früheren Auseinandersetzungen mit dem Krimi-nellen gehabt, und das war der Grund, warum er den Auftrag erhielt. Er war froh, Singapur zu verlassen und noch glücklicher darüber, nach Saigon zu kommen, da er dann vielleicht die Chance hätte, zu den alten Tempeln in Angkor (Kambodscha) zu gelangen. Es dauerte eine Woche, bis er Zeit hatte, mit dem Zug nach Angkor zu fahren. Er kam am Abend an und checkte über Nacht in einem Hotel ein. Nach dem Abendessen ging er auf Entdeckungsreise inmitten der Ruinen.

Die Tempelstadt von Angkor, erbaut in den Jahren 800-1200, ist eine der schönsten Ruinen der Welt. Sie wurde in den späten 1800er Jahren mitten im Dschungel entdeckt. Die Franzosen haben den Ort leider in eine Touristenattraktion verwandelt. Die Ruinen sind das, was von der Khmer-Zivilisation übrig geblieben ist, die gegen Ende des 1400 Jahrhunderts verschwand. Der gigantische zentrale Tempel mit seinen reich verzierten Gebäuden, die mit Zinnen und Türmen geschmückt sind, ist von einem Graben umgeben, der mit Wasser gefüllt ist, auf dem malvenfarbene Lotusblumen eine dicke Decke bilden. Die Lotosblumen werden zur Fütterung der Elefanten verwendet. Eine mit Steinen gepflasterte Brücke führt über den Wassergraben und führt durch das Kloster, das einen äußeren Platz bildet. Als nächstes kommt ein kleiner Park vor der Treppe, die zum riesigen Tempel hinaufführt.

Als Gerald an dieser uralten Stätte ankam, sah er die vier seltsam geformten Türme in bewegungsloser Wachsamkeit über diesem kolossalen Monument zur Ehre Brahmas wachen, und es fühlte sich seltsam an, zu wissen, dass all das vor über tausend Jahren von einem bereits vergessenen Volk erbaut wurde. Schwere Wolken zogen mit hoher Geschwindigkeit über den schwarzen Nachthimmel. Unberechenbare Brisen mit heißem Wind kamen aus dem Südwesten. Die Monsunzeit stand kurz bevor. Von den fernen Bergen war ein leises, drohendes Donnergrollen zu hören. Alles andere war still; es war, als stünde die Nacht still, regungslos und wartend auf einen heißen, drängenden Vorboten, der sich näherte.

Gerald begann langsam, eine der Terrassen hinaufzu-klettern. Er war erstaunt über die eigentümliche, geisterhafte Schönheit, die ihn umgab, als seine Aufmerksamkeit von einem Geräusch erregt wurde, als ob sich jemand in seiner Nähe bewegte. Als er sich umdrehte, sah er einen alten Priester in einem gelben Mantel. Er sah eher aus wie ein Mischling als wie ein Einheimischer. Er tauchte plötzlich auf, wie aus dem Nichts. Gerald war zuvor ganz allein auf der Treppe gewesen. Gerald sprach mit ihm in zwei indischen Dialekten und dann auf Malaiisch, aber der Priester schien ihn nicht zu verstehen. Er schaute Gerald fragend an und schließlich antwortete er in einer seltsamen Sprache, die dem Hindustani ähnelte. Gerald verstand reines Hindustani, aber der Dialekt des alten Mannes war knifflig. Schließlich gelang es Gerald jedoch, etwas von dem zu verstehen, worüber der alte Mann sprach.

Der Priester sagte, er habe gewusst, dass Gerald eines Tages ankommen würde. Der alte Mann hatte eine Nachricht für ihn und bat ihn, ganz genau zuzuhören. Er sagte, dass Gerald sehr bald in große Gefahr geraten würde, aber die Dunkelheit würde ihm zu Hilfe kommen. Nach einer Reihe von Jahren würde eine Frau aus einem fremden Land Gerald besuchen und er würde sie sofort erkennen. Bei der Begegnung mit ihr würde er ihr den Gegenstand geben, den der Priester ihm nun übergab. Er reichte Gerald etwas, das in ein Stück schmutziges Tuch eingewickelt war. Er sagte, dass er nichts mehr zu sagen hätte, aber dass alles zu gegebener Zeit enthüllt werden würde. Er drehte sich um und verschwand in den Schatten, ohne auch nur seine Bettelschale ausgestreckt zu haben, was etwas sehr Ungewöhnliches war.

Als Gerald in sein Hotel zurückkehrte, fragte er den Besitzer, wer der alte Priester gewesen sein könnte. Der Besitzer war sehr überrascht und erklärte Gerald, dass er sich sicherlich geirrt hatte. Kein Einheimischer wollte nach Einbruch der Dunkelheit das Ruinengebiet betreten. Außerdem passte die Beschreibung des Priesters auf keinen Typ von Einheimischen, den es dort gab. Der Dialekt, den Gerald beschrieb, war ein sehr alter, der schon seit mehreren hundert Jahren absolut nicht mehr in Gebrauch war.

Ein paar Tage später begegnete Gerald dem Chinesen, den er verfolgte. Es war in einer schrecklichen, dreckigen und überfüllten Taverne unten am Hafen. Es wurde ein unange-nehmes Treffen, bei dem Messer um ihn herumschwirrten und harte Augen mörderische Pläne verrieten. Gerald warf einen Tisch um und versteckte sich dahinter, während er die Lampe an der Decke in Stücke schoss. Danach stürzte er sich in der Dunkelheit auf den Verbrecher. Draußen warteten Geralds Polizisten, und als sie den Schuss hörten, stürzten sie herein und erledigten den Schmuggler kurzerhand. So kam ihm die Dunkelheit zu Hilfe, wie es der alte Priester vorhergesagt hatte.

Seit diesem Tag trug Gerald ständig die kleine Kugel. Als ich im Gästehaus übernachtete, hatte er sie mir geben wollen, aber er hatte sich nicht getraut. Nun fühlte er, dass er sie weggeben musste, und dass ich es war, der sie erhalten sollte. Seitdem trage ich sie.

Ich schrieb mit Gerald den ganzen Januar 1949 über, als seine Briefe plötzlich aufhörten. Nach einiger Zeit kam ein Brief von einem alten Mann, der ein enger Freund von Gerald war. Er teilte mir mit, dass Gerald plötzlich an blutenden Geschwüren gestorben war. Seine Mission war erfüllt, da ich die Kugel bekommen hatte – zumindest fühlte es sich so an. Es dauerte mehr als 50 Jahre, bis ich begann, die Erklärung der Kugel zu verstehen. Ich habe sie sowohl von Juwelieren in Stockholm als auch von einem Paar Medien untersuchen lassen. Das Material ist völlig unbekannt. Es wurde analysiert, und es existiert einfach nicht auf der Erde! Ein Medium behauptete, die Kugel stamme aus Atlantis, das andere Medium sagte, sie sei außerirdischen Ursprungs. Es war die letztere Behauptung, die sich als richtig herausstellte. Aber das ist eine andere Geschichte, die zu gegebener Zeit in diesem Buch erzählt werden wird.

Jan Fridegård wird uns, wie schon in Auf Engelsflügeln, auf seine eigene Art und Weise weiter erzählen. Deshalb erteile ich ihm das Wort.

– Mariana Stjerna

 

Jan Fridegård’s Einleitung

Am Ende des Buches Auf Engelsflügeln sagte ich “Au revoir!” zu meinen Lesern. Eine Fortsetzung meiner Geschichten aus einer Welt über, um und in einer Welt ist bis jetzt nicht in den Vordergrund getreten. Seit dem letzten Mal – damals war das Jahr 1998 – ist viel passiert und ich denke, dass die Welt nun bereit ist, nicht nur eine, sondern mehrere Botschaften über all die Möglichkeiten, die den Menschen zur Verfügung stehen, zu empfangen. Ich habe hier unter den goldumrandeten Wolken, wo ich mit meiner Harfe herumklimpere, viel mehr erlebt…

Nein, das war nur ein Scherz. Ich hoffe, ihr habt in meinem letzten Buch eine Vorstellung von etwas ganz anderem bekommen. Aber eine meiner Aufgaben in dieser Realität ist es, zu reisen und zu lernen. Das habe ich wirklich getan. Mit der Geschwindigkeit der Gedanken zu reisen, gibt es kein Hindernis, um Dinge zu erleben, große Abenteuer und Tiefensondierungen in den dunkelgrünen, kristallklaren Gewässern der Philosophie, wo alle Steine Edelsteine sind. Der Bauernjunge aus Sörmland ist begraben und vergessen. Hier gibt es nur Leben, Wiedergeburt und Schöpfungsprozesse verschiedener Art. Von den Schöpfungsprozessen werde ich euch erzählen, da sie für euch Wunder sind. Für mich sind sie Werke aus einer einzigen Quelle, aber ich werde darauf zurückkommen.

Wir beginnen mit einem Rückblick auf die Wesen, die in diesem Leben zu meinen Freunden, Lehrern und Begleitern geworden sind. Ich nenne sie Engel, Meister und Führer, um es für euch einfacher zu machen, sie zu verstehen. Es mag feierlich klingen, aber ihr wisst, dass ich auch hier eine gute Zeit habe! Humor ist eine Gabe, die die meisten der höheren Wesen wirklich in höchstem Maße besitzen. Schön für mich, der ich dem Lachen so nahe bin!

Zuerst traf ich meinen Schutzengel Jolith. Sie brachte mich zu zwei Wesen, die meine Lehrer und Begleiter in diesem fantastischen Paradiesdschungel werden sollten. Es sind Shala und Zar. Mit ihrer Hilfe durfte ich mein neues, ewiges Leben wie einen Strauß der verschiedensten, wundervollen, üppigen Blumen erleben. Jeder Tag ist nicht nur ein Tag, sondern er prägt sein wunderschönes Muster in meine Seele ein. Jeder Tag ist ein Tag ohne Zeitzählung, ohne Anfang und Ende. Das bedeutet, dass jeder Tag der Tag ist und dass der Tag jetzt ist. Die Zeit breitet ihren prächtigen Teppich ohne ausgefranste Enden aus, denn sie hat keine Enden.

Man könnte meinen, dass, wenn es keine Zeit gibt, es auch keine Notwendigkeit gibt, etwas zu lernen. Die Zeit ist für die Erdenmenschen ein Wettlauf gegen sich selbst – auf keinen Fall gegen uns. Shala und Zar lehrten mich, dass es selbst hier, in den Bergen und Tälern der Ewigkeit, ungeahnte Möglichkeiten gibt. Es gibt so viel zu lernen, zu studieren, zu erfahren und sich mit und zu entwickeln. Auf Engelsflügeln beweist dies, und das Gleiche gilt für dieses Buch, Zeitreise zum Ursprung und in die Zukunft. Den Titel werdet ihr irgendwann verstehen.

Shala und Zar sind immer noch an meiner Seite. Sie gehen ihre eigenen Wege, wenn sie es wünschen, aber sie sind immer bereit, mir zu helfen, wenn es nötig ist. Sie sind meine Lehrer und Freunde und bleiben es auch. Sie werden mich in diesem Buch voranbringen, sowohl mit Bomben und Granaten, mit leisem Grübeln, als auch mit einem Seufzer des Südwindes.

Ich habe euch in Auf Engelsflügeln von den Neun Ältesten des Sirius und von der Göttin Helia erzählt. Schon damals begann die Erde in schlechte Gesellschaft zu geraten, da ein paar andere Globen mit bösartigen Herrschern böse Energien nach Tellus (Erde) schickten. Seitdem ging es bergab, erst eine Achterbahnfahrt, aber heutzutage nur noch bergab. Seit wir Auf Engelsflügeln geschrieben haben, gibt es nur noch Elend. Zumindest im Großen und Ganzen. Vor sieben Jahren war die EU noch nicht ganz so verrückt, wie sie es jetzt ist. Die Macht sickert durch, so ist das nun mal. Wir können nichts dagegen tun und die Frage ist, was kannst du tun? Die kleinen Länder haben alle Hände voll zu tun, sich in den Schaum aus den Champagnerflaschen der EU zu legen, mit tropfenden Knien kriechend, die Hände zum Gebet ausgestreckt und die Mundwinkel vom lebensrettenden Wasser benetzt, immer näher zum Big Brother, der ihnen Manna aus seinem reichhaltigen Horn geben wird.

Die EU ist ein Koloss auf Plastikfüßen, der in seiner eigenen Größe herumtaumelt. In der Vergangenheit sprach man von Füßen aus Ton, aber die würden heute nicht mehr halten. Die Plastikfüße sind flexibler, stark und scharf, bis sie von all den Unregelmäßigkeiten da oben im brodelnden Koloss abgenutzt werden. Das Ziel, nämlich ein einziger Herrscher für ganz Europa, wird dann zu einem neuen christlichen Tyrannen. Europa wird mit Sklaven gefüllt.

Wenn die Erde so aussieht, muss man das einfach akzeptieren und dankbar sein, dass man auf der richtigen Seite steht. Aber da ihr Erdlinge nicht versteht, wie ihr vorankommt, müssen wir auf die eine oder andere Weise eingreifen. So wie es jetzt aussieht, wird es in der Tat auf eine andere Weise sein, aber zuerst müssen wir versuchen, euch durch das geschriebene Wort zu erreichen. Der nächste Schritt wird das schreiende Wort sein, und danach wird es still werden.

Ich beabsichtige, euch mit einem spielerischen Engelteig in euren Gesichtern aufzumuntern. Damit meine ich nicht, dass ich euch mit Kuchen bewerfen werde – wir finden das nicht lustig – aber ihr offenbar schon. Euer Humor hat auch seinen Höhepunkt erreicht, wenn die Gewalt in Richtung des Lachens zurückspielt. Die Engel sind ziemlich verzweifelt. Glücklich und vernünftig denkend wie sie sind, tanzen sie umher und versuchen nicht zu sehen, was die Erdlinge so treiben. Doch es ist ihre Aufgabe, also müssen sie schließlich sowohl zusehen als auch eingreifen. Wenn ihr nur verstehen könntet, dass, wenn etwas Weiches euer Bein streichelt, wenn etwas klickt, wo es nicht klicken sollte, wenn ein Ton von einem Ort erklingt, wo er nicht klingen sollte, dann ist ein Engel unterwegs. Ihr habt sie überall um euch herum, aber selbst wenn sie euch ein Dutzend Torten ins Gesicht werfen würden, würdet ihr es nicht bemerken. Allerdings nimmt ihr die Gewalt wahr, egal ob sie sich als Clown oder als toter Mann in einer Mülltonne bemerkbar macht.

Die Gewalt scheint in den Fernsehern der Familienhäuser Einzug gehalten zu haben, um zu bleiben. Kleine Kinder ducken sich, wenn die Messer wie Funken über die entsetzten Köpfe fliegen, wenn das Blut in Rinnsalen an Wänden und auf den ausgestreckten Körpern der Schauspieler fließt. Für die Kinder ist das Blut echt, auch wenn die Erwachsenen sie beruhigen, dass es Ketchup ist. Begreift ihr nicht, dass ihr uns die Aufgabe erschwert, den Frieden wiederherzustellen, die Kinder zu retten, wenn ihr eure Kinoleinwände und Fernsehsendungen so furchtbar versaut? Wenn Sex, Gewalt, Obszönität, Macht und das pure Böse sogar für Kinderaugen erlaubt sind, dann geht es mit den Erdenbürgern wirklich bergab. Zu kämpfen ist für euch seit Anbeginn der Zeit eine natürliche Sache … aber was ist mit dem ganzen Rest?

Dies ist ein Warnruf in Moll, der wiederum durch einen Blick in unser irdisches Fernglas ausgelöst wird.

Nun verlassen wir die Erde, und ich werde euch von Reisen in andere Sphären erzählen, die zumindest teilweise ihre Noten in Dur spielen.

 

1. Der Verlassene Planet

Ich saß in meinem gemütlichen Haus und grübelte. Ich grübelte sicherlich nicht über die Erde, eher über die Sterne. In Auf Engelsflügeln konnte ich viel über sie erzählen, dass viele Planeten bewohnt sind und dass es viele Humanoide im Weltall gibt. Das ist auf dem Planeten Erde schwer zu glauben, oder? Zu denken, dass die Menschen es nicht in ihre trägen Gehirne bekommen, dass die Erde einer von Millionen bewohnter Planeten ist. Nicht alle von ihnen beherbergen Humanoide. Es gibt viele Variationen von Leben. Star Trek und Star Wars sind ganz passabel, auch wenn die Romantik zu sehr aufflammt – ich glaube, das habe ich schon mal erwähnt.

Gegenüber von dem Ort, an dem ich grübelnd saß, ist eine Wand, an der alle Nachrichten empfangen werden. Es ist unser Handy, unser Radio, unser Fernseher – kurzum: unser Alles-in-Einem. Wir müssen nicht immer vor dieser Wand sitzen und sie anstarren. Wenn es etwas Wichtiges ist, wird die Nachricht sofort als mentale Projektion in unserem Gehirn ankommen. Bei dieser Gelegenheit erschien das Bild von Zar und er rief mir zu: “Kannst du sofort kommen? Du wirst in die Engelsschule gerufen.”

Es gab nichts anderes zu tun, als zu gehorchen. Ich ging sofort zu meiner geliebten Schule, wo ich eine zeitlose Zeit freudiger, spannender und bereichernder Studien verbracht hatte. Zar erwartete mich in der Halle. Sein schneeweißes Haar flackerte ein wenig, als ich die Tür öffnete. Sein junges Gesicht war so offen und fröhlich wie immer; er sah aus wie eine wandelnde Statue von Apollo. Der Kontrast zwischen seinen weißen Haaren und seinem ganzen jugendlichen, kräftigen Charakter verlieh seiner Erscheinung einen eigentümlichen Reiz.

“Wir gehen zur Sternwarte!”, sagte er und nahm meine Hand. Kaum waren seine Worte gesprochen, fanden wir uns inmitten der gigantischen Sternwartenhalle wieder, in der raffinierte Instrumente um das riesige Teleskop aufgereiht waren. Es gab keine Decke; es war völlig offen. Über uns war der Himmel pechschwarz und sternenfunkelnd. Ich hatte viele Sterne und Planeten kennengelernt, aber es gab noch viel, viel mehr. Vor allem die bewohnten Himmelskörper waren wichtig, um den Überblick zu behalten. Ich seufzte. Diese Myriade, diese ewige, schwindelerregende Sternenwelt, wie sollte ich mehr darüber erfahren können? Wie immer las Zar meine Gedanken.

“Niemand kann das”, sagte er und lächelte sanft. “Ich glaube, nicht einmal der Große Geist kennt den Namen und die Umstände davon. Aber du bist hier, weil es Zeit ist, zu einer Mission aufzubrechen. Ich werde dich begleiten, denn es ist nicht ungefährlich. Wir gehen zu den Plejaden, aber nicht der Teil, von dem man normalerweise spricht. Die Plejaden sind als sieben Sterne bekannt, aber es sind viel mehr, und es gibt kleine Planeten dahinter, die noch kein Astronom gefunden hat. Zu einem solchen Planeten wollen wir gehen.”

“Zu welchem?” fragte ich, natürlich. Es fühlte sich gut an, sich wieder in ein Abenteuer zu stürzen; das letzte war schon lange her.

“Wir nennen ihn Cesteion”, antwortete Zar.

“Ist er bewohnt?” fragte ich, obwohl ich die Antwort schon kannte.

“Ja, das könnte man so sagen; auf jeden Fall wird er bald bewohnt sein”, antwortete Zar kryptisch. Er wickelte seinen gelben Mantel um uns beide und dann ging es ab nach oben.

“Cestius war plebejisch!”, rief ich in den tosenden Wind, während ich festen Boden unter meinen Füßen spürte.

“Bravo!” Zar erwiderte amüsiert. “Daher stammt auch der Name. Cesteion ist ein ausgestoßener Planet, ein sehr kleiner Ball im großen Spiel. Trotz seiner Ausgrenzung und seiner Position außerhalb der Plejaden, so weit draußen, dass der nächste plejadische Stern kaum zu erkennen ist, kämpft dieser kleine Planet um seinen Wert im Kosmos. Also ein echter Plebejer.”

“Ich glaube mich zu erinnern”, fuhr ich fort, als der gelehrte Mann, für den ich mich hielt, “dass die Plebejer in Rom um die Gleichstellung mit den Patriziern kämpften. Schließlich gewannen sie sie, aber sie wurden von vielen unterschätzt, die nur ihre Armut und ihren niedrigen Status sahen. Die dunkle Masse, wie sie genannt wurden, durfte keine weißen Togas tragen wie die Patrizier. Wir nennen sie arm und ungebildet, aber das war eigentlich nicht der Fall.”

“Ganz recht”, nickte Zar. “Genau so ist es hier auch. Und jetzt sieh dich um.”

Ich lugte aus seiner Mantelklappe hervor und sah mich genau um. Wie interessant bei einem plebejischen Planeten!

Doch was ich sah, konnte man kaum als plebejisch bezeichnen. Wir standen hoch oben auf einer Klippe und hatten einen unvergleichlichen Blick auf die Nachbarschaft. Ich konnte nicht anders, als es mit der Erde zu vergleichen. Die Klippe war nicht ganz grau, an manchen Stellen war sie glänzend schwarz und glitzernd rot und hier und da war sie mit dem smaragdgrünsten Moos bedeckt, das ich je gesehen habe. Die Klippe fiel auf unserer Seite ziemlich abrupt ab und darunter war ein großer Wasserfall, aber als ich mich umdrehte und ein paar Schritte in die entgegengesetzte Richtung machte, entdeckte ich, dass der Fluss, aus dem der Wasserfall kam, eine Biegung in eine andere Richtung machte, sodass er ein U bildete. Auf beiden Seiten des U gab es Siedlungen. Dächer an Dächer bildeten von hier oben ein Muster, und es war ein wunderschönes, grün und kupfer schimmerndes Muster. Ich erkannte, dass die rote Farbe auf der Klippe mit Kupfer zu tun hatte. Zar stand die ganze Zeit lächelnd da, und dann gab er mir ein Zeichen, ihm zu folgen.

“Es wird Zeit, dass wir uns das Dorf dort unten genauer ansehen”, sagte er. “Wenn du genau hinsiehst, verläuft dort drüben ein schmaler Pfad. Willst du sehen, ob er nach unten führt?”

Das tat er. Er war eng und hatte dünne Stufen, die zwischen kleine Vorsprünge gemeißelt waren. Ansonsten wäre es für einen Menschen unmöglich gewesen, lebendig von der Klippe herunterzukommen. Wir schwebten natürlich, wie immer, aber nach unten zu schweben fühlt sich nicht so angenehm an, wie nach oben zu schweben. Ich konzentrierte mich darauf, in meinem langen blauen Gewand nicht zu stolpern, und Zar lachte mich an.

“Wie viel Zeit brauchst du wirklich, um ein Engel zu werden?”, neckte er. Endlich standen wir im oberen Teil des Dorfes. Die Treppe führte bis hinunter zum Wasser und der obere Teil der Häuser war mit dem unteren durch eine sehr primitive Brücke aus Baumstämmen verbunden, die von den Wellen des Flusses halb überflutet wurde. “Wo sind die Menschen?” fragte ich Zar lautstark.

“Wir sind hierher gekommen, um das herauszufinden”, antwortete er, “für den Fall, dass es Menschen sind. Das wissen wir auch nicht.”

“Die Häuser müssen von Menschen gebaut sein”, beteuerte ich. “Sie sind einfach, scheinen aber voll bewohnbar zu sein.”

Es gab einen schmalen Durchgang zwischen den Häusern, die so dicht beieinander standen, dass sich ihre Dachkanten trafen. Zar suchte sich wahllos ein Haus aus – sie sahen alle gleich aus, aber dieses hier hatte ein grünes Schild an seiner niedrigen Tür. Niemand öffnete. Zar erlaubte sich, die Tür zu öffnen und wir schauten hinein. Der einzige Raum war leer. Es gab vier lange, hölzerne Kojen, die vermutlich Betten waren, einen niedrigen Tisch, aber keine Stühle. Die Bewohner saßen wahrscheinlich auf dem Boden. In der Mitte des Bodens war eine Feuerstelle und in der Decke befand sich ein Rauchabzug, den wir vorher nicht bemerkt hatten.

“Glaubst du, dass hier Menschen leben?” fragte ich.

“Ich sehe Essensreste auf dem Tisch, das Holz glüht am Boden der Feuerstelle, und es riecht irgendwie warm”, antwortete Zar wie der schlechteste Sherlock Holmes.

Wir schauten in weitere Hütten, aber überall war es leer. An vielen Stellen gab es Anzeichen dafür, dass es vor kurzem noch Leben gegeben hatte. Wo konnten nur alle sein?

“Wir sind hierher gekommen, um den Grundstein für eine neue Rasse zu legen”, erklärte Zar. “Schließlich muss es doch irgendwo jemanden oder etwas geben…” Wir waren bis zum Fluss gekommen, ungefähr in der Mitte des U. Zar hob seinen Mantel und ging auf Zehenspitzen vorsichtig über die nassen, glitschigen Baumstämme. Ich folgte ihm, während ich ein kleines Gebet sprach, dass ich nicht ins Wasser stolpern würde. Ich hatte völlig vergessen, dass ich ein Engel war, und fühlte nur noch menschliche Grenzen, bis Zar mich ziemlich grob am Arm packte.

“Wir gehen da rein!”, flüsterte er und deutete auf eine der Hütten am anderen Flussufer. Eine schmale Rauchfahne stieg vom Dach auf, und ein winziges bisschen Licht war durch die offene Tür zu sehen. Fenster gab es nicht; die Hütten waren völlig glatt, aus Lehm und Zweigen gebaut. Wir wagten uns bis an die Tür und steckten unsere Köpfe hinein. Aber wir zogen sie genauso schnell wieder zurück.

Dort drinnen fand gerade eine Geburt statt. Ein Wesen lag auf dem Boden, ganz allein. Ihr Bauch war geschwollen und ihre Beine waren gespreizt. Das Wesen wimmerte und heulte. Die Frau (falls es eine Frau war) hatte einen menschlichen Körper, aber ihre Hautfarbe war gräulich und ihr Kopf ziemlich groß. Ihre Augen waren groß und schwarz und gerade jetzt mit Angst gefüllt. Keine Menschenseele war in ihrer Nähe; sie schien völlig verlassen zu sein. Ein langgezogener Schrei war zu hören und wir schauten wieder hinein. Die Geburt war in vollem Gange. Zar betrat die Hütte und stellte sich an das Fußende der Frau. Er gab mir ein Zeichen, dass ich zu ihrem Kopfende gehen sollte. Die Schmerzen müssen unerträglich gewesen sein, denn die arme Mutter schrie und brüllte, während das Kind in kleinen, vorsichtigen Zuckungen herausgeschoben wurde. Ich packte die Arme der Frau, während Zar dem Kind half, den sicheren Schoß der Mutter zu verlassen. Dann war alles vorbei.

Die Mutter lag mit geschlossenen Augen da; es schien, als ob sie schliefe. Zar wickelte das Kind in ein Tuch, das auf dem Tisch lag. Er rieb es und machte dann ein Zeichen, dass ich kommen solle. Ich wollte den Kopf der Frau nicht ablegen, sie sah so schrecklich tot aus. Aber als ich den kleinen Jungen sah, war ich erstaunt.

Es war ein ganz menschliches, höchst entzückendes Baby, das die Welt mit einem Heulen begrüßte, wie es die meisten Kinder tun. Zar schnitt die Nabelschnur mit einem Messer durch und verließ dann den Raum, während ich mit dem Kleinen in meinen Armen zurückblieb und absolut nicht wusste, was ich tun sollte. Die Mutter war eine Art Humanoid, ganz anders als ein Mensch. Ihre Nase und ihr Mund waren zu einer Nase zusammengepresst, und ihr Kinn war nicht vorhanden. Das Baby in meinen Armen war rosig und hellhäutig, und als es seinen kleinen Mund öffnete, um einen wütenden Schrei auszustoßen, sah ich, wie sich darin eine höchst menschliche kleine Zunge bewegte, die einem Rosenblatt ähnelte.

“Wir sind hierher gekommen, um eine neue Generation zu gründen”, hörte ich Zars Stimme hinter mir. “Ich habe überall gesucht, aber es gibt nirgendwo Leben. Der Planet könnte an anderen Stellen bewohnt sein; das müssen wir herausfinden.”

“Die Mutter scheint tot zu sein; wie soll ein einsames Baby hier überleben?” fragte ich erschrocken. “Glaubst du, sie war… mit einem normalen Menschen zusammen, einem Erdling? Das Kind sieht aus wie ein ganz gewöhnliches Menschenbaby, viel-leicht aus einem südlichen Land, da sein Haar so schwarz ist.”

“Jetzt wacht sie auf!” bemerkte Zar ruhig. “Wir sollten uns ein bisschen besser materialisieren, damit sie uns sehen kann.” Das taten wir, und das führte zu einem erneuten heftigen Schrei.

Zar lächelte freundlich und legte das Baby neben sie. Sie starrte uns mit ihren großen dunklen Augen an. Ihr Mund/Nase war halb geöffnet und sie atmete schwer. Zar versuchte, mit ihr in verschiedenen Sprachen zu sprechen, die ich nicht verstand. Ich hatte andere Dinge zu tun, als mich mit Sprachstudien zu beschäftigen. Die Frau starrte Zar verständnislos an. Dann, nach einer langen Weile, kam ein gurrender Laut, der vielleicht ein Lachen war.

“Endlich versteht sie, was ich sage”, sagte Zar. “Es war die elfte oder zwölfte Sprache, die ich versucht habe, damit sie zuhört. Ich glaube nicht, dass es genau ihre Sprache ist, aber sie ähnelt ihr zumindest. Jetzt müssen wir herausfinden, was passiert ist.”

Ich beobachtete Zars Gesicht, während er sich mit der Frau unterhielt. Der Ton war kehlig und wurde die ganze Zeit von Gesten begleitet. Das Kind lag an der Brust der Mutter und saugte seine erste Mahlzeit auf. Jetzt war alles in Ordnung und ich fragte mich, warum um Himmels willen wir hier sein würden? Was war das für eine Aufgabe? Doch Zar drehte sich um und sah mich an. Seine Miene zeigte, dass meine Gedanken falsch waren.

“Jan”, rief er plötzlich, “jetzt muss ich wissen, warum es hier so menschenleer ist und warum die Frau mitten in den Außenbezirken der Plejaden ein Kind irdischer Abstammung zur Welt gebracht hat.”

“Es könnte interessant sein”, erwiderte ich etwas sarkastisch, “in einer Lehmhütte in einem verlassenen Dorf zu wohnen, ohne das Warum und Wie zu verstehen. Was ist meine Rolle in all dem? Du schnüffelst hier und da herum, du kannst sogar ihre Sprache sprechen.”

“Diese Frau und das Baby sind die einzigen lebenden Humanoiden auf diesem Planeten”, erklärte er mir. “Alle Menschen – denn das sind sie – sind von den Dinosauriern aufgefressen worden. Zumindest klingt es so, als ob sie von diesen uralten Riesentieren gesprochen hat. Sie hat es geschafft, in diese Hütte zu fliehen und hat hier den letzten Monat ihrer Schwangerschaft in Angst gelebt. Vor ein paar Tagen hörte sie eine Reihe von schrecklichen Krachen und nahm an, dass es eine herannahende Naturkatastrophe war. Sie hat sich nicht aus der Hütte herausgewagt.”

“Wir hatten Glück, dass wir den Dinosauriern entkommen sind”, murmelte ich. “Aber wie kann das Kind so anders sein als die Mutter?”

“Sie behauptet, dass vor neun Monaten, bevor die Dinosaurier diese Seite des Planeten gefunden hatten, ein Fremder in dieses Dorf kam. Er sah aus wie wir, sagt sie. Er war groß, braunhaarig und gutaussehend, und er versammelte die Bewohner des Dorfes um sich und warnte sie vor dem kommenden Unheil. Er sprach ihre Sprache. Alle waren sich einig, dass er ein Gott war, besonders als sie seinen Abgang miterlebten. Er wählte genau diese Frau und warf seinen Samen in sie. Danach rief er ein Schiff, das ihn abholte. Ich weiß, wer er war, aber das ist eine andere Geschichte. Jetzt müssen wir den Rest des Planeten erkunden.”

“Bist du verrückt?” rief ich erschrocken aus. “Sollen wir uns freiwillig menschenfressenden Dinosauriern aussetzen?”

“Wir sind nicht aus Fleisch und Blut”, antwortete Zar geduldig. “Hör auf, dich als Erdling zu sehen. Jetzt bist du tatsächlich eine Art Außerirdischer! Die Dinosaurier können uns nichts anhaben. Ich werde ein Raumschiff für uns herbeirufen. Ich glaube, dass auf diesem Planeten etwas passiert ist, das ihn so leer von organischem Leben macht, aber ich könnte mich irren. Das werden wir herausfinden.”

“Und diese arme Frau mit ihrem Kind dem Hungertod überlassen?” Fragte ich wütend.

“Auf keinen Fall!”, lachte Zar und machte einige Gesten auf der Tischplatte. Dort standen nun eine große Schüssel mit Obst und Gemüse, eine Käseplatte und ein Krug mit Milch. Neben der Frau stand ein Eimer mit Wasser, und auf dem Boden lagen saubere Stoffstücke, in die man das Baby wickeln konnte. Zar zwinkerte mir zu und dann eilten wir aus der Hütte.

Unser Gefährt fegte in niedriger Höhe über die schöne, aber etwas düstere Landschaft hinweg. Es gab Berge, Wälder, Seen, Flüsse und kleinere Wüsten, aber keine Ozeane. Überall waren die Spuren der Dinosaurier zu sehen, in Form von umgestürzten Bäumen, riesigen Fußabdrücken an den Ufern und gelegentlichem gigantischem Aas.

Je weiter wir uns von der Frau mit dem neugeborenen Kind entfernten, desto trostloser wurde es. Es schien, als ob ihre spezielle Seite des Planeten die bewohnbarste war und als ob es ein Erdbeben oder eine andere große Katastrophe gegeben hatte, die große Risse in den Bergen geöffnet hatte. An mehreren Stellen stürzten immer noch Felsen von den Klippen und der Fluss, dem wir vom ursprünglichen U aus folgen konnten, war an einigen Stellen ziemlich überschwemmt. Wasserfälle stürzten in einem wütenden Rauschen herab, und hier und da sahen wir Spuren von halb verschütteten oder umgestürzten Siedlungen. Je weiter wir uns entfernten, desto mehr tote Dinosaurier entdeckten wir. Es sah nicht so aus, als hätten sie überlebt, nicht ein einziger von ihnen. “Vielleicht ist ein Meteor vorbeigerauscht und brauchte diesen Planeten nur zu streifen, um diese Katastrophen zu verursachen”, seufzte Zar. “Es wird Tausende von Jahren brauchen, um es richtig zu reparieren!”

“Wer wird es reparieren?” fragte ich schnippisch, denn das Zählen in Tausenden von Jahren war nicht wirklich meine Sache. Aber Zar reagierte nicht. Er hatte etwas entdeckt. Hoch oben auf einem Berg, am Rande einer tiefen Felsspalte, bewegte sich eine kleine Gestalt. Wir verringerten unsere Geschwindigkeit und stiegen auf eine so geringe Höhe ab, dass wir landen konnten. Hinter der Gestalt befand sich ein kleines Plateau, und bald standen wir auf festem Boden und konnten aus dem Fahrzeug steigen. Die Landschaft war hier nicht schön. Kaputte Berge, Erdrutsche und Überschwemmungen waren das Einzige, was wir sahen. Die Gestalt auf dem Berg war ein Mann. Er hielt einen Säugling in seinen Armen.

“Hier wimmelt es von Kindern”, zischte ich Zar zu, der ungeduldig meine dumme Bemerkung abwinkte. Vielleicht war sie ja doch nicht so unberechtigt.

Als der Mann uns erblickte, wäre ihm vor Staunen fast das Kind entglitten. Dann traten ihm Tränen in die Augen, und als Zar anfing, mit ihm zu sprechen, antwortete er eifrig und fröhlich. Natürlich verstand ich nichts. Der Mann gab uns ein Zeichen, ihm zu folgen, und er führte uns zu einer Höhle in einem nahen Berg. Zwischen zehn und fünfzehn Kinder saßen dort zusammengekauert. Der Mann war ihr Lehrer, und er hatte sie und sich selbst versteckt, als das große Beben kam.

Der Mann wurde Porrn genannt (die R’s wurden mit einem zischenden Laut ausgesprochen). Sein Aussehen unterschied sich nur wenig von dem der Frau, die wir zuerst getroffen hatten. Die Kinder hatten ähnlich zusammengedrückte Nasen und Münder; sie schienen sowohl Jungen als auch Mädchen unterschiedlichen Alters zu sein. Erwachsene waren nicht mehr zu sehen. Porrn hatte alles abgesucht, wo es möglich war, sich zu bewegen. Keine Hilferufe waren zu hören gewesen. Sie hatten geglaubt, dass sie allein waren, hinausgeworfen in eine neue und erschreckende Welt. Die Kinder saßen seit mindestens einer Woche in der Höhle, und die Älteren hatten sich um die Jüngeren gekümmert als Porrn sie verlassen hatte, um nach Überlebenden zu suchen. Gab es irgendeine Hilfe?

Zar schickte nach Verstärkung durch die Raumflotte. Als die Schiffe nach ein paar Minuten des Wartens eintrafen, traute Porrn seinen Augen nicht. Bald wurden er und die Kinder in die Schiffe geladen, um in den Teil des Planeten gebracht zu werden, in dem die Frau mit dem neugeborenen Kind lebte. Dort gab es viele gut erhaltene Häuser, und die Natur war von der Katastrophe nicht beschädigt worden.

“Lass uns einen Ausflug machen, um zu sehen, ob wir noch mehr Leben finden”, entschied Zar, und so waren wir bald wieder in der Luft. Wir hielten Ausschau nach Dinosauriern, denn die waren genauso gefährlich wie Naturkatastrophen, aber wir konnten keine sehen. Wir kamen an einem Dschungelgebiet vorbei, das ebenfalls von allzu großen Schäden verschont geblieben war. Dort sahen wir mehrere Vögel und einige kleine Säugetiere, die Affen ähnelten. Zu meiner großen Überraschung sprach Zar auch mit ihnen. Was er ihnen sagte, weiß ich nicht, aber es führte dazu, dass die Vögel in die Richtung abflogen, die Zar ihnen zeigte, und in der Kabine unseres Bootes herrschte ein fürchterliches Treiben. Wir kümmerten uns um fünf Affen – zwei erwachsene Paare und ein Kind. Sie schnatterten und wuselten herum, da sie sicherlich noch nie mit einem Raumschiff gereist waren.

Wir trafen auf eine trostlose Landschaft, die unheimlich wirkte. Sie war an manchen Stellen in Schnee gehüllt, an anderen Stellen nur Sand. Es gab überhaupt keine Vegetation. Ich fand es sehr bedrückend.

“Fahren wir nicht bald nach Hause?” fragte ich, aber Zar lachte nur und schüttelte den Kopf.

“Wir müssen zu dem Neugeborenen zurück”, sagte er. “Du und ich sind hier, um eine neue Rasse zu gründen und einen ganzen Planeten neu entstehen zu lassen; das habe ich dir schon gesagt.”

“Wir können doch sicher nicht zaubern”, wandte ich etwas säuerlich ein. “Was hast du denn in all den Jahren gelernt?” fragte Zar streng. “Erinnerst du dich, als du und Henry das Herbeiführen gelernt hattet und eine furchtbare Kuchenburg hergestellt habt? Das war beim Spielen, nicht wahr?”

Ich lachte. Henry war ein Freund aus der Engelsschule, und wir hatten uns einen dummen Streich erlaubt, obwohl wir Engel waren. Sicherlich erinnerte ich mich an seinen abscheulichen Palast, der ein verbotenes Spielzeug für wissensdurstige Engelsschüler war.

“Du weißt sicher, dass ich herbeiführen kann”, fuhr Zar fort. “Deshalb wurde ich mit dir geschickt, für den Fall, dass sich dein Wunsch nach Schöpfung in allzu extravaganten Ausdrücken manifestieren würde! Hier müssen wir uns strikt an die ursprüngliche Methode halten: Wir können eine interessante Entwicklung vorhersehen, die sich aber noch im Anfangsstadium befindet. Das neugeborene Kind, gezeugt von einem Engel, ist der Helfer und der Führer, den dieses Volk braucht, um seinen Planeten wieder auf die Beine zu bringen. Es war ein Segen, dass wir alle Kinder gefunden haben; damit hatte ich nicht gerechnet. Jetzt wird alles schneller gehen.”

Wir hatten das kleine Dorf am Berghang und im Tal erreicht. Der Lehrer und seine Schulklasse waren schon da.

“Du hast doch keine Angst vor weiteren Dinosauriern, oder?” fragte ich. “Wir glauben, dass sie alle gestorben sind.” übersetzte Zar für mich.

“Die Angst vor Dinosauriern ist ziemlich übertrieben”, erklärte Porrn. “Sicherlich gab es sie und sicher haben sie Menschen gefressen, wenn sie die Möglichkeit dazu hatten, aber es waren nicht so viele, wie die Menschen glaubten. Es war möglich, sich vor ihnen zu schützen. Es gab nur eine Sorte, und sie hielten sich an einem bestimmten Ort auf dem Planeten zusammen. Gelegentlich passierte es, dass einer oder mehrere von ihnen auf die Jagd gingen. Dann war es gefährlich, sich nachts draußen aufzuhalten, denn sie griffen nur in der Nacht an. Ich sah vom Raumschiff aus, dass an dem Ort, an dem sie gelebt hatten, ein großes Loch zurückgeblieben war. Alle von ihnen sind sicherlich weg. Aber wir hatten auch Feinde. Es gab oft Kämpfe zwischen den dunklen Menschen und uns. Wir verstehen nicht wirklich, warum und es waren immer wir, die angegriffen wurden. Dann mussten wir uns natürlich verteidigen. Sicherlich sind auch sie verschwunden; sie lebten in den unzugänglichen Bergregionen, wo das Unglück geschah.”

Drinnen, bei der frischgebackenen Mutter, war es recht heimelig. Sie hatte sich offensichtlich erholt und saß umgeben von anbetenden Kindern und fütterte ihren Sohn. Der Tisch war reichlich gedeckt, sodass alle Neuankömmlinge eine gute Mahlzeit bekamen. Natürlich hatte Zar es arrangiert. Das Feuer in der Mitte des Lehmbodens knisterte und funkelte und schickte sein schönes Licht auf all die glücklichen Gesichter.

Zar sprach zu ihnen. Später erfuhr ich, was er sagte. Er befahl Porrn, die Mutter des Babys zur Frau zu nehmen und gemeinsam mit ihr dafür zu sorgen, dass das Dorf wieder bevölkert wurde, wenn die Kinder das entsprechende Alter erreicht hatten. Das Baby würde ein guter Anführer sein, und einer seiner Nachkommen würde in zukünftigen Generationen seine Fähigkeiten erben. Daraufhin nannte Zar den Kleinen Cestius, nach dem irdischen plebejischen Anführer. Es war an der Zeit, dass sich Cesteion zu einem blühenden Planeten entwickelte, mit einer Bevölkerung, die in Symbiose mit der Natur lebte.

Während Zar redete, schlich ich mich raus zu unserem Raumschiff. Ich erinnerte mich an die kleinen Affen. Als ich sie aus der Kabine ließ, schnatterten sie fröhlich, und einer von ihnen kam auf mich zu und schmatzte mit den Lippen. Ich erkannte, dass sie hungrig waren. Nun musste ich mich auch beeilen. Was essen die Affen? Bananen, Äpfel, Birnen, Trauben und andere Früchte, flüsterte eine nicht ganz unbekannte Stimme in mein Ohr. Es war die Stimme von Shala. Sie war nicht hier, aber offenbar hatte sie unsere Reise von der Sternwarte in der Engelsschule aus verfolgt. Ich grübelte einen Moment, dann fand ich heraus, wie es geht.

Als die Affen zu sehen bekamen, wie sich all die Früchte vor ihren Füßen materialisierten, nahmen sie so viel sie konnten in ihre Arme und beeilten sich, auf die Dächer zu klettern. Es war ein amüsanter Anblick, besonders für die Kinder, die aus verschiedenen Richtungen herbeieilten und mit großen Augen die mampfenden Tierchen bewunderten. Sie würden sicherlich gute Freunde sein, dachte ich. Dann kam Zar.

“Jetzt lass uns nach Hause gehen”, sagte er. Noch vor ein paar Stunden hätten diese Worte wie Musik in meinen Ohren geklungen, aber jetzt begann ich diesen Planeten zu genießen. Zar sah sicherlich, was in meinem Kopf vor sich ging. Er nahm meinen Arm und gab mir einen freundlichen Schubs in Richtung des Raumschiffs.

“Wir haben einen neuen Menschenstamm gegründet, der diesen Planeten bevölkern wird”, sagte er und lächelte sanft. “Unsere Mission hier ist vollendet.”

“Ich verstehe das nicht; was sollte ich hier tun?” zischte ich mürrisch, als wir das Raumschiff betraten. “Du hast auf jeden Fall alles getan.”

“Jan, du musst verstehen, dass du noch lernst, und dies war eine Lektion darin, wie man eine Gesellschaft gründet, die auf Liebe und Zusammenarbeit basiert. Porrn ist ein guter Kerl; er kommt mit dieser Aufgabe zurecht. Du warst sicherlich hauptsächlich Zuschauer, aber manchmal ist das vorteilhafter als ein Teilnehmer zu sein. Es gibt immer Möglichkeiten für einen Neuanfang für alle Planeten, aber nicht alle bekommen die Hilfe, die sie brauchen.”

“Ich habe das Gefühl, dass an der ganzen Sache etwas faul ist.” murmelte ich und schaute auf Zars schönes Profil, während er an den Steuerpulten saß. “Hat es etwas mit der Erde zu tun?”

“Das hoffen wir nicht”, antwortete Zar. “Aber wenn das Schlimmste eintreten sollte, kannst du dank deiner neu erworbenen Erfahrungen aushelfen. Die Erde ist nicht größer als Cesteion, aber sie birgt mehr Böses, als dieser Planet je erlebt hat. Sicherlich gab es auch auf Cesteion das Böse, aber nicht in der gleichen Weise, nicht so hoch entwickelt. Glücklicherweise wurden die Bösen auf Cesteion ausgerottet, und wir hoffen, dass das Gute dort nun triumphiert und gedeiht. Wir kennen die Kinder nicht, aber wir wissen, dass Kinder die Erwachsenen nachahmen. Es gibt nur noch zwei Erwachsene, und sie sind beide gute Menschen. Schon in zehn Erdenjahren werden wir wieder hierher reisen und herausfinden, was geschehen ist.”

Wir hatten uns über dem Dorf erhoben, und Zar ließ das Raumschiff ein wenig kreisen, bevor wir abhoben. Es war nicht mehr weit bis zum Boden. Plötzlich sahen wir, wie etwa ein Dutzend Wesen aus dem Wald stürmten, der hinter dem unteren Dorf lag. Sie waren mit Pfeil und Bogen ausgerüstet und stürmten auf das Dorf zu. Zar flog zurück zum Landeplatz und landete. Wir hatten gedacht, dass wir ein friedliches Dorf ohne Feinde verlassen hatten, ohne anderes Leben als das, was jetzt dort existierte.

Die Kinder, die mit den Affen spielten, waren die ersten, die die Eindringlinge entdeckten. Sie rannten schreiend ins Haus. Die unbekannten Wesen entdeckten uns und kamen mit erhobenen Bögen auf uns zugerannt. Sie wussten nicht, dass wir ein bisschen schwierig zu fangen waren, dachte ich zufrieden. Ich fragte mich, was Zar wohl tun würde. Er stand vollkommen still an meiner Seite und die Pfeile, die auf uns zuhagelten, konnten uns nichts anhaben. Zar hob seine Hand und rief den Wesen etwas zu. Sie waren nicht wirklich von der gleichen Art wie die anderen. Diese Wesen waren in Wirklichkeit eher menschenähnlich, nur dass ihre Gesichter breit waren, ihre Stirn sehr hoch und ihre Augen tief eingesunken, unter buschigen Augenbrauen. Ihre Hautfarbe war sehr dunkel. Offensichtlich gab es noch andere Stämme auf dem Planeten, auch wenn wir kein Fitzelchen Leben gesehen hatten, als wir über ihm kreisten.

Als sie bemerkten, dass die Pfeile uns keinen Schaden zufügten, fielen sie auf die Knie und begannen zu singen. Ich fand das eine seltsame Reaktion. “Es war interessant, dass es mehrere Stämme gibt”, flüsterte Zar.

“Wahrscheinlich denken sie, dass wir Götter sind, und das ist auch besser so.”

Der Anführer des unbekannten Stammes kam vorsichtig auf uns zu, als Zar ihm winkte. Die Krieger hatten aufgehört zu singen und standen still und beobachteten uns. Zar erzählte mir anschließend von ihrem Gespräch. Seit Urzeiten waren das schwarze Volk und die anderen verfeindet gewesen. Die Ursache lag weit in der Vergangenheit, als eine schwarze Frau einen der anderen heiratete. Die Schwarzen waren als benachteiligt angesehen worden, zumindest hatten sie sich so gefühlt. Die schwarze Frau war nämlich sehr bald nach der Hochzeit bei der Geburt gestorben, und auch das Baby starb. Die Schwarzen betrachteten dies als ein zufälliges Zeichen. Danach kamen die Verdächtigungen, die von Feindseligkeit begleitet wurden. Die Frau in der Gefangenschaft, genannt Baila, und Porrn nannten sich Cesteianer, aber die andere Gruppe hatte keinen anderen Namen als das Schwarze Volk.

Zar hatte mit dem schwarzen Anführer über die Liebe gesprochen. Er hatte erklärt, dass es, so wie die Situation im Moment aussah, keine anderen Menschen auf Cesteion gab. Wenn es noch einer geschafft hätte, sich in irgendeiner Felsspalte zu verstecken, würde er sicher irgendwann bemerkt werden. Sicherlich möchte niemand verhungern. Die Liebe zwischen den beiden Stämmen war notwendig für den Aufbau des Planeten. Zar versicherte, dass Porrn und Baila freundlich gestimmt seien und mit dem Schwarzen Volk zusammenleben wollten.

Das Ergebnis des Gesprächs war, dass die zehn Krieger kurz miteinander diskutierten und danach fünf Frauen geholt wurden, die mit ihnen zusammen überlebt hatten und sich im Wald versteckt hatten. Es gab genügend Behausungen für sie alle. Porrn und Baila, mit dem Baby im Arm, wagten sich aus ihrem Haus, und Zar und ich bekamen eine bewegende Szene der Versöhnung zu sehen. Die Schwarzen Menschen sangen wieder. Offenbar war das ihre Art, Gefühle auszudrücken – nicht das Schlechteste, oder?

Nun konnten wir endlich den Planeten Cesteion verlassen und hofften, dass sich Licht und Dunkelheit vermischt hatten, nicht nur auf der Oberfläche, sondern auch in den Herzen der Menschen.

Ich ahnte, warum wir dort gewesen waren. Ich nahm es als ein Warnsignal an die Erde.

 

2. Neue Zeitreise auf Englelsflügeln

Ich wollte zunächst von der Reise nach Cesteion erzählen, weil sie in gewisser Weise die Einleitung zu einer ganzen Reihe anderer Ereignisse war. Ich muss ein paar Worte über die Zeit sagen, damit ihr mich besser verstehen könnt. Das Konzept der Zeit wurde von den Menschen erfunden, denn in Wirklichkeit existiert alles gleichzeitig. Das habt ihr sicher schon einmal gehört, oder? Es dringt nicht in allzu enge Köpfe ein, denn es ist so verzwickt, dass sich Falten auf der Stirn bilden. Zeit existiert nicht, man kann Zeitreisen machen, und es ist technisch möglich, die Zeit so zu verbiegen, dass Veränderungen im kosmischen System erreicht werden können. Das hättet ihr nicht vermutet, oder? Es ist eine Kanonade von Widersprüchen, nicht wahr?

Ihr seid daran gewöhnt, auf die Uhr zu schauen und euch ihr völlig anzupassen. Genau so habe ich auch reagiert, als ich hier ankam. Ich starrte ständig auf meine Uhr, die ich nicht hatte, und ich suchte überall nach Wanduhren. Aber als ich alles von Zar und Shala erklärt bekam, war es nicht mehr so schwer zu verstehen. Ich musste mir die Zeit abgewöhnen.

Wir sind hier viel mit Zeitreisen beschäftigt; es läuft wie am Schnürchen. Auf der Erde schaut man anders auf Zeitreisen, aber nehmen wir an, diese würden jetzt von euren Wissenschaftlern entdeckt werden. Wie würde die Welt darüber denken? Natürlich wäre die erste Frage: Wie werden wir uns solche Reisen zu Nutze machen? Nicht auf die beste Art und Weise, aber wie werden wir sie ausnutzen? Kann man mit Zeitreisen Geld verdienen?

Von hier aus machen wir Zeitreisen, sowohl mit als auch ohne Raumschiffe. Eine einzelne Person braucht kein Raumschiff, sie nutzt nur die Kraft der Gedanken, aber wenn es mehrere Personen sind, ist es am bequemsten, die Reise in einem Raumschiff zu machen. Es gibt einen Hangar neben dem Observatorium in der Engelsschule. Von dort aus starten viele Reisen. Ich habe euch von vielen meiner Ausflüge in Auf Engelsflügeln erzählt. Doch bevor ich mich auf die nächste Reise begebe, möchte ich noch eine weitere Erklärung liefern.

Die Zeit hier und auf der Erde muss auf ganz unterschiedliche Weise berechnet werden. Bei euch können zehn Jahre vergehen, während hier eine Sekunde vergeht – oder warum nicht zehn Sekunden? Wenn wir einen Planeten wie die Erde besuchen, müssen wir mit eurer Zeitrechnung vertraut sein. Das gilt auch für Cesteion, das ein ähnliches Zeitsystem wie die Erde hat. Ich sagte, dass die Zeit für uns nicht existiert, aber für euch ist es anders. Wir haben spezielle Zähler – Uhren, wenn man so will – die die Zeitunterschiede auf verschiedenen Planeten anzeigen. Sie sind auf mehr oder weniger jede beliebige Zeit einstellbar und sie berechnen astronomische Zahlen, um auf die Art und Weise des jeweiligen Planeten oder Sterns zur Zeitberechnung zu kommen. Es gibt große Unterschiede, abhängig von der Anzahl der Sonnen, den Positionen der Sterne, etc. Von solchen Berechnungen müssen wir ausgehen, wenn ihr, liebe Leser, mir auf meinen Reisen und Besuchen in den unterschiedlichsten Umgebungen und Zeitaltern folgt – teilweise in völlig anderen Welten, weit außerhalb unseres eigenen Universums.

Wieder wurde ich zu einem Treffen in der Engelsschule gerufen. Auf dem Weg dorthin spürte ich plötzlich eine Präsenz neben mir… Klar, es war Shala. Sie kicherte, als sie sah, dass ich überrascht wurde, dann legte sie wie immer ihre kleine Hand in meine.

“Jetzt bin ich an der Reihe, mit dir auf eine Mission zu gehen.” Sie lächelte, sodass die tiefen Grübchen in ihren Wangen sichtbar wurden.

“Zur Erde?” Fragte ich neugierig und hoffnungsvoll. Sie schüttelte den Kopf. “Jan, du musst zum Teil die Erinnerung an dein letztes irdisches Leben bewahren”, erklärte sie. “Zum einen hast du ständigen Kontakt zu deinem Schreibmedium und musst über ihre Arbeit und die Ereignisse und Nachrichten in der Welt Bescheid wissen. Zum anderen musst du dich auch an bestimmte Dinge erinnern, um andere darstellen zu können. Aber unsere Mission hat nichts mit der Erde zu tun.”

Es war klar, dass ich nichts mehr erfahren würde. In der Engelsschule gab es mehrere Versammlungsräume, und man wurde immer dorthin gerufen, wenn ein neues Programm vorbereitet werden sollte. Shala brachte mich in einen Versammlungsraum, in dem ich noch nie zuvor gewesen war. Es war ein geräumiger, schöner Raum, der in Grün und Gold dekoriert war. Ein niedriger runder Tisch war in der Mitte platziert und dort herum standen niedrige Sofas im Kreis, die mit einem gold-glitzernden grünen Stoff gepolstert waren. Ich wurde gebeten, mich zu setzen und zu warten. Zar war da, aber nach einer kurzen Weile kam der, den ich am allerwenigsten erwartet hatte: Der Meister Melchizedek. Er kam lächelnd auf mich zu und ergriff meine beiden Hände.

“Mein lieber Jan!”, rief er aus, und ich zitterte innerlich vor Freude bei dem Wort “lieb”. Was für eine Ehre! Natürlich war es falsch, so zu denken, aber Melchizedek stand ganz oben auf meiner Verehrungsliste.

“Es ist Zeit für dich, nicht nur unbekannte Planeten oder Teile unseres unendlichen Seins zu besuchen. Du wirst in das reisen, was man die Zukunft nennen könnte. Du hast dort viel zu lernen. Shala wird deine Reisebegleiterin sein, aber ich selbst werde an dieser Reise nicht teilnehmen. Es wird eine mystische Reise über alle Grenzen hinweg sein – ich meine technisch machbare Grenzen, aus menschlicher Sicht gesehen. Du musst jetzt alle deine Vorurteile abwerfen und ein schimmerndes Gewand anziehen, das dich in etwas hineinbringt, was du dir in deinen kühnsten Träumen nie hättest vorstellen können.”

Meine Güte, dachte ich, wie immer der nachdenkliche Janne. Würde ich in neue Welten und Zustände entführt werden, die die Menschen auf der Erde nicht verstehen würden? Ich erzähle das ja einer irdischen Frau, muss das dann nicht begrenzt sein? Diejenigen, die da unten auf ihren mehr oder weniger kräftigen Beinen herumlaufen, sehnen sich doch sicher nicht nach einer völlig unphysischen Weltumsegelung, oder? Würde ich ein neuer Kapitän Nemo oder Fliegender Holländer werden? Der Kosmos ist so unendlich groß, dass allein der Gedanke an seine Größe einen armen Menschen erschrecken kann.

“Zum Teil bist du kein Mensch mehr, zum Teil ist es nicht zum Zweck des Erschreckens, dass du und Shala auf diese Tour loszieht. Es ist eine Lektion darüber, was der Kosmos wirklich ist”, versicherte Melchizedek, “oder die ursprüngliche Kosmologie, wenn du meinst, dass das besser klingt. Wir sind nur Soldaten in einer Armee von Wesen, die mit nichts zu vergleichen ist, was man sich vorstellen kann. Wir fühlen uns ihnen genauso untergeordnet wie die Menschen sich uns oder Christus oder Gott unterordnen.”

“Was sagst du da!” rief ich erschrocken aus. “Jetzt hast du es wirklich auf den Punkt gebracht. Wir lehren unsere Kinder Ehrfurcht vor dem Höchsten. Was kannst du uns Engeln noch beibringen?”

“Ehrfurcht vor der Schöpfung, wie sie wirklich ist. Ehrfurcht vor der genialen Macht, die ihr kennenlernen werdet. Mehr kann ich nicht sagen. Wir werden uns am Ende eurer Reise wiedersehen.”

“Werden wir mit einem Raumschiff fliegen?” fragte ich mich.

“Ich kenne ein besseres Transportmittel!” Melchizedek lächelte sanft, und im selben Moment erschien Jolith. Die Wiedersehensfreude war groß. Eine Reise ohne Gepäck kann man nicht besser machen als auf einem Paar Engelsflügeln. Shala und ich krabbelten auf Joliths ausgebreiteten, flaumigen, lieblichen Flügeln hinauf. Wenn man nicht aus Fleisch und Blut ist, rutscht man nicht so leicht, also folgte ich Shalas Beispiel, legte mich auf den Rücken und streckte meine Beine in den Federbetten aus. Es war ein königliches Gefühl.

Ich hatte keine Ahnung, dass dies das größte Abenteuer von allen werden würde: eine schwindelerregende Reise durch die Welten der Welten, den Stein der Weisen, das Absolute des Absoluten. Ich ahnte nicht, dass die Lösung aller Rätsel dort draußen im Kosmos lag und sich uns in ihrer unglaublichen, wunderbaren Schönheit offenbaren würde. Die Zukunft der Erde lag in meinen Händen, um sie den Menschen der Gegenwart zu vermitteln – und ich hatte sie noch nicht begriffen.

Wo wir mit den Händen unter dem Kopf und den Füßen in den Federn lagen, sahen wir nur das Firmament. Wir sahen Sterne und Planeten in verschiedenen Stärken leuchten, wir sahen Kometen und Sternschnuppen, und eine Kakophonie von Geräuschen war die ganze Zeit zu hören. Das hatten wir schon einmal gesehen. Wir fühlten uns richtig blasiert. In der Milchstraße – oder wo auch immer wir uns befanden – zu reisen, war nichts Neues. Doch Jolith drehte ihren Kopf und lächelte:

“Das ist erst der Anfang”, sagte sie. “Wir werden bald in andere Universen eindringen.”

“Wie viele Universen gibt es denn?” fragte ich ängstlich. Es schien, als hätten wir uns in ein endloses Unterfangen gewagt.

“Das kann ich beantworten”, zwitscherte Shala. “Sehr viele! So viele! Aber wir haben ein bestimmtes Ziel: Es ist das Zentraluniversum, das in der Mitte liegt, umgeben von sieben sogenannten Superuniversen, das viele Galaxien und Planeten enthält (siehe Bild auf Seite 52). Es ist der Anfang von allem und das Ende von allem.”

Ich gähnte. All diese astronomischen Informationen waren ermüdend. Man wurde auch nicht klüger dadurch. Ich sollte lieber ein Nickerchen machen, während ich so bequem liege, dachte ich, und das Nickerchen setzte augenblicklich ein.

Ich wachte mit einem Schreck auf. Es war ein furchtbarer Schreck; ich sprang hoch, überschlug mich und fiel hart hin. Jolith half mir auf und verwirrt öffnete ich meine Augen. Meine langen Beine zitterten nach dem Aufprall und ich schaute mich erstaunt um. Wir befanden uns nicht mehr im Weltraum. Wir standen auf festem Boden in einer saftig grünen Wiese, die mich tatsächlich an irdischen Boden erinnerte. Eine leicht kühle Brise streichelte meine Wangen, der Himmel war wunderschön blau ohne jegliche Wolken, aber einige seltsame Himmelskörper bewegten sich dort oben. Sie leuchteten und glitzerten und sie schienen ziemlich nah zu sein.

“Was für eine Enttäuschung!” rief ich aus. “Einen Purzelbaum auf der guten alten Erde zu schlagen! Jetzt habt ihr mich wirklich auf den Arm genommen, Mädels! Zugegeben, ich erkenne diese Objekte am Himmel dort drüben nicht, aber es sind natürlich UFOs! Dem grünen Gras und den kleinen Blumen in verschiedenen Farben nach zu urteilen, sind wir irgendwo im Norden und es ist Sommer.”

Shala lachte, bis sie sich verschluckte. Jolith legte ihren Arm um meine Schulter. Sie war auf normale Engelsgröße geschrumpft und schaute mir tief in die Augen.

“Ich habe dich schon einmal auf eine Wiese gebracht, Janne!” Dabei lächelte sie sanft. “Aber noch keine Wiese war wie diese, das verspreche ich dir!”

Ich drehte mich um und schaute in alle Richtungen. Ich sah nur die Wiese; sie war ohne Anfang und ohne Ende. Nicht ein Baum war zu sehen, keine Berge, kein Wasser, nur die grüne, grüne Wiese. Doch plötzlich gab es einen schnellen Lichtblitz und ich hörte Musik. Shala nahm eine meiner Hände, Jolith die andere. Es war wie in der königlichen Oper in Stockholm, als eine Kulisse von der Maschinerie oben herabgelassen wurde. Ich dachte an den “Pilgerchor” aus Tannhäuser. Das war eines meiner absoluten Lieblingsstücke. Als die Töne begannen, über uns zu schwappen, versuchte ich, ihnen Namen zu geben, aber sie waren namenlos und unbeschreiblich. Sie nahmen an Intensität zu, und gleichzeitig wurde die strahlende Erscheinung herabgelassen. Es war ein Portal, ein goldenes Portal, ein Portal aus goldenen Strahlen, aus Licht, aus Lichtstrahlen… Ich kniete in demütiger Ehrfurcht nieder.

“Wir gehen durch das Portal”, flüsterte mir Shala ins Ohr. “Steh auf und komm mit mir.”

“Du wirst mich erst auf der Rückreise wiedersehen”, sagte Jolith und umarmte uns beide. “Dann treffen wir uns hier wieder, am Strahlenportal.”

Und schwupps, war sie verschwunden: Sie erhob sich in die Luft und dann war sie einfach weg. Ich strich mir über die Stirn. Die Zeit der Wunder existierte offenbar auch hier, und wir würden in sie eintreten! Doch Shala zog ungeduldig an meiner Hand, und so glitten wir durch das erstaunliche Licht des Portals. Es war wie noch einmal zu sterben, dachte ich.

Im Inneren des Portals im Super Universum

Als sich meine Augen an das helle Licht gewöhnt hatten, konnte ich sowohl Shala als auch die Landschaft um mich herum wahrnehmen. Wir befanden uns nicht mehr auf einer grünen Wiese. Wir standen auf einem Platz – aber was für einem Platz! Die Gebäude um den Platz herum leuchteten in reinen, klaren, hellen Farben und sie ähnelten keinem Gebäude, das ich zuvor gesehen hatte. Überall um uns herum waren Menschen – ja, ich konnte nichts sehen, außer dass es ganz normale, anständige Menschen waren. Sie waren anders gekleidet als das, was ich von meiner letzten Erdenreise in Erinnerung hatte.

“Menschen?” hauchte ich in Shalas rosiges Ohr.

“Was dachtest du denn sonst? Hast du mit Monstern gerechnet?”, flüsterte sie neckisch zurück.

Die Menschen waren sehr leger gekleidet. Manche trugen lange Gewänder, manche kurze. Die Farben waren hell und fröhlich und mit vielen schönen Mustern. Ihre Hautfarbe und Haarfarbe variierten, aber alle waren, zumindest auf den ersten flüchtigen Blick, schön. Sie schienen glücklich und freundlich. Sie nickten und lächelten uns die ganze Zeit zu.

“Willkommen in der Zukunft!”, sagte eine Stimme hinter uns. Ich drehte mich um. Ein Mann in einem blassblaugrünen Mantel stand hinter uns. Seine Haare und sein Bart reichten bis zum Boden und waren schneeweiß. Sein Gesicht war jünger, als man meinen könnte, und seine tiefblauen Augen schienen in jede Entfernung sehen zu können. Er umarmte Shala, als wären sie alte Freunde und streckte mir die Hand entgegen.

“Ich habe schon viel von dir gehört, Jan”, sagte er. “Jetzt ist es an der Zeit, dass wir uns kennenlernen und dass du die Gelegenheit bekommst, im Königreich der Zentralen Rasse zu wandern und zu studieren. Es gibt hier viel zu sehen und zum Nachdenken. Die Zentrale Rasse gibt es schon länger als die Menschen, und außerdem haben wir die Menschen erschaffen.”

“Ich dachte, dass Gott den Menschen erschaffen hat”, wagte ich zu widersprechen. Der Mann nickte und lächelte.

“Sicher, Jan, sicher hatte er seine Finger im Spiel. Aber wir werden nicht so sehr über die Schöpfung sprechen, sondern über das Reich, in dem du dich gerade befindest – das Reich der zentralen Rasse.”

“Noch nie davon gehört”, murmelte ich, folgte aber brav dem Mann und Shala, die im eifrigen Gespräch einen Schritt vorausging. Ich verstand nicht, wo ich war und auch nicht, was wir in einem Land taten, das der Erde so sehr ähnelte. Aber ich sollte bald sehen, wo die Ähnlichkeit endete.

Bis jetzt liefen wir auf Straßen. Nicht auf Kopfsteinpflaster, sondern glatt wie Asphalt, und viel heller in der Farbe. Wir konnten genauso gut mitten auf der Straße gehen; es gab keine Bürgersteige, aber auch keinen Verkehr. So sehr ich mich auch bemühte, Shala und den weißhaarigen Mann einzuholen, es gelang mir nicht. Die ganze Zeit über waren sie mir mehrere Schritte voraus. Ich rief und schrie, aber sie schienen mich nicht zu hören. Ich habe immer noch lange Beine, also begann ich zu rennen. Trotzdem schaffte ich es nicht, sie einzuholen. Ich unterdrückte meinen Wunsch, ein hässliches Wort zu sagen – Engel tun das nicht – und wurde stattdessen langsamer. Sicherlich konnte ich aus eigener Kraft auf Erkundungstour gehen? Aber nein, auch das war nicht möglich. Die beiden vor mir wurden sofort langsamer und so kam es, dass der Abstand zwischen uns die ganze Zeit gleich blieb. Dann begann sich alles zu drehen. Plötzlich spürte ich wieder Shalas Hand in meiner, und auf der anderen Seite eine größere Hand. Wir drehten uns in einer Spirale und wurden in etwas hineingesaugt … Ich weiß nicht wie oder was, denn als ich wieder zu Sinnen kam, waren wir nicht mehr in der Stadt. Ich stützte mich auf den Arm des weißhaarigen Mannes und Shalas strahlendes Lachen war das Signal zum Erwachen. Was für ein Erwachen!

Die Luft um uns herum war dicht und gleichzeitig durchsichtig. Sie leuchtete in verschiedenen Schattierungen von Gelb, Rosa, Rot und weiteren Farben, die mit menschlichen Worten nur schwer zu beschreiben sind. Es war eine Bewegung in der Luft, die Energiewellen glich, schimmernd, leuchtend, ständig in einem bestimmten, gleichmäßigen Rhythmus. Es schien, als ob diese Energiewellen Klang erzeugten, denn mächtige Töne erklangen wie aus dem Innersten einer Kuppel. Die Töne füllten unsere Brüste, sodass sich unser Atem vertiefte und dem lieblichen, ungewohnten Rhythmus folgte. Unser Begleiter legte einen Arm um Shalas Schultern und den anderen um meine. Eine wundersame Hitze breitete sich in mir aus und die ganze Zeit spürte ich, wie ich wuchs – nicht körperlich, aber es war mein Bewusstsein, das wuchs.

“Es ist notwendig, dass du hier drinnen wächst”, flüsterte der Mann wortlos. “Ich, Oshio, empfinde das Gleiche wie du, obwohl ich schon mehrmals hier war. Sieh dich noch ein wenig um!”

Ich zögerte nicht, seiner Ermahnung zu folgen. Mein Kopf war klar wie Kristall und ich spürte, wie ich mich öffnete, so wie sich eine Blumenknospe im Sonnenschein öffnet, nach der feuchten Liebkosung des Taus. Ich wurde auf etwas aufmerksam das ich vorher nicht erkannt hatte. Ein enorm großes Objekt ruhte wie in einem Schoß aus weichen, blassrosa gefärbten wolkenartigen Schwaden. Das Objekt war tiefrot, und es wurde von Strömen durchflossen, die zum Rhythmus der Musik zu passen schienen. Ein Zittern durchfuhr mich und ich spürte, dass Shala genauso reagierte. Oshios Hände drückten beruhigend auf unsere Schultern.

“Ihr seid im Herzen Gottes”, flüsterte er, kaum hörbar. “Das Herz des Großen Geistes singt für euch. Nur wenige Wesen haben Zugang zu diesem heiligen Ort. Lass dich umarmen von den heilenden Tönen aus dem Zentrum allen Lebens.”

So standen wir, bewegungslos und mit zur Decke erhobenen Köpfen in einer lebendigen Kathedrale. Das heißt, es gab keine Decke. Über dem Herzpunkt, wo wir standen, waren nur fließende Energien zu sehen, die in der nicht enden wollenden Atemmusik herumwirbelten und hin und her. Ich weiß nicht, wie lange wir standen, gefangen in den herrlichen Turbulenzen der Nicht-Zeit. Schließlich wurden wir wieder in eine sich drehende Spirale versetzt.

Als ich wieder zu Sinnen kam, befanden wir uns in einem Tunnel mit Stufen, die nach oben führten, und Oshio kletterte zuerst, danach kam Shala, und ich war wie immer hinten.

“Sind wir noch in…in… Ihm?” keuchte ich. Shala drehte sich um und lächelte nachsichtig.

“Das war ein einmaliges Erlebnis, Jan”, antwortete sie. “Es war der Beweis für eine Existenz, die Welten nach ihrem eigenen Bild erschafft. Wenn du jemals gezweifelt hast, dann tust du es jetzt nicht mehr.”

“Ist es dir erlaubt, den Schöpfer als Ganzes zu sehen?” wagte ich zu fragen. Diesmal antwortete Oshio.

“In der Ganzheit, meinst du? Es ist die Ganzheit, die sich dir durch Millionen von Schöpfungen offenbart. Bisher waren es für dich nur Worte, vielleicht göttliche Weisheit – jetzt sollst du die Wirklichkeit verstehen, jene Wirklichkeit, die die Teile liebevoll aufbaut.”

Wir kamen auf einer riesigen Plattform an und konnten nach den anstrengenden Treppen eine Verschnaufpause einlegen. In der Mitte stand ein riesiger Tisch, und auf diesem Tisch lag etwas, von dem ich erkannte, dass es eine Landkarte darstellte. Der Tisch war ungefähr 25 Fuß (8 Meter) lang und genauso breit, also ein gigantisches Quadrat. Jede Ecke wurde von einer riesigen Säule gestützt, von der der oberste Teil eine Skulptur war. Ein Teil war ein menschlicher Kopf, ein anderer Teil war ein Löwenkopf, der dritte Teil eine große Lotusblume und der vierte ein riesiger, schön geformter Kristall. So herrschten auch hier die vier Reiche, dachte ich. Die Karte, die eine ovale Form hatte, war in leuchtenden Farben gehalten und schien lebendig zu sein – oder machte einen lebendigen Eindruck. Die Farben pulsierten, aber jede Linie war so klar, als ob sie geätzt wäre.

“Hier habt ihr eine Karte unserer acht Universen”, erklärte Oshio (siehe Bild auf Seite 52). “Im Moment befindet ihr euch im Zentraluniversum, und um dieses herum schweben sieben weitere sogenannte Superuniversen. Das Zentraluniversum ist stationär und ewig, während die anderen sieben durch die Zeit geschaffen werden und gegen den Uhrzeigersinn um das Zentraluniversum rotieren. Um diese sieben Superuniversen herum existiert ein äußerer Raum, der unphysikalisch ist und der die Möglichkeit für sie darstellt, sich auszudehnen. Es ist ein Raum, der eine Leere ist. Du wirst mit einem meiner Freunde eines der Superuniversen besuchen, und ich verspreche dir, Jan, es wird ein fantastisches Abenteuer.”

“Die Eckpfeiler dieses Tisches”, fuhr er fort, “repräsentieren die vier Reiche, die es auch hier gibt: das Mineralreich, das Pflanzenreich, das Tierreich und das Menschenreich. Sie sind die Grundlagen der Schöpfung. Überall begegnen dir diese Reiche und die vier Elemente – Erde, Feuer, Wasser und Luft. Letztere sind noch erweiterbar, da es verschiedene Formen von ätherischen und festen Elementen gibt, die auf der Erde noch unbekannt sind.”

“Physik war noch nie mein Ding”, murmelte ich. “Das klingt kompliziert.”

“Genau deshalb wirst du es erleben”, sagte eine tiefe Stimme hinter mir. Ich drehte mich um. Ein Mann in einem violetten Umhang lächelte mich freundlich an. Er hatte schwarzes, leicht zerzaustes Haar und klare, dunkelblaue Augen. Sein Gesicht war recht breit, mit hohen Wangenknochen, einer geraden, breiten Nase und einem schön geformten Mund.

“Mein Name ist Maorion”, fuhr er fort, “und ich bin es, der dein Führer auf den verschiedenen Planeten sein wird…”

“Entschuldigung”, unterbrach ich, “dein Name erinnert an eine alte Kultur auf der Erde: die Maori.”

“Das ist korrekt”, antwortete Maorion. “Diese Kultur, zusammen mit einigen anderen, ist uralt. Wir, die wir vor Tausenden von Jahren an ihrer Einführung beteiligt waren, haben auch die Namen unserer Schöpfungen beibehalten. Einige von ihnen sind in einige der Universen gezogen, die du hier auf der Karte sehen kannst. So sind sie auf der Erde immer noch unbekannt oder vergessen. Kulturen kommen und gehen, aber einige sind zu gut, um sie komplett verschwinden zu lassen. Diese machen wir uns zunutze, mit der Hilfe des Schöpfers. Hier ist immer irgendwo Platz für gute und entwicklungsfähige Energien.”

“Wie wir wissen, gibt es die Maori noch auf der Erde”, wandte ich ein. “Werden sie hierher kommen, wenn sie auf der Erde ausgestorben sind?”

“Sicher”, antwortete Maorion. “Ich dachte, du solltest mal einige der Kulturschaffenden treffen; sie können dir interessante Dinge erzählen. Jetzt setzt ihr eure Reise fort.”

Er breitete seinen Mantel um Shala und mich, und mit einem Schlag war der schöne Raum mit dem Kartentisch verschwunden. Auch Oshio war verschwunden, und ich bedauerte, dass ich nicht die Gelegenheit bekommen hatte, mich von ihm zu verabschieden. Die Luft war wieder leer – die Leere war voll, dachte ich kryptisch. Aber wenn man im Zeichen des Geheimnisses reist, beginnt man, seltsame Dinge zu denken. Das winzige Sandkorn im Universum, das ich bin, wehte zum nächsten Abenteuer davon.

 

3. Der Planet der Mayas

Ich weiß nicht, in welcher Reihenfolge unser neuer Freund Maorion unsere Besuche auf den Planeten in irgendeinem der sieben Universen gewählt hat. Vermutlich sind sie gleichwertig, dachte ich, und nur das Zentraluniversum, in dem der Schöpfer residiert, steht im Rang über den anderen. Wenn es nun in diesem Konstrukt eine Hierarchie gäbe, dachte ich weiter, in der leeren Luft, die bald nicht mehr leer war.

Wir “flogen” im Gleitflug in Maorions Mantel und der Dunst, der uns ständig die Sicht verdeckte, wurde von einem unsichtbaren Wind zerrissen, der eine Landschaft unter uns freilegte. Langsam glitten wir hinunter zu den hohen Bergen und den herrlich grünen Hochebenen, die tatsächlich fast irdisch aussahen. Kleine blaue und grüne Seen leuchteten wie Juwelen in der Landschaft unterhalb der Berge. Es gab viele Seen, und sie schienen sehr klein zu sein. Ich würde sie eher als Teiche bezeichnen. Einige von ihnen dampften, und ich verstand, dass es sich um heiße Quellen handelte, wie in Island und Neuseeland.

Wir landeten auf der grünen Samtdecke auf einem Plateau. Als sich der Nebel noch mehr auflöste, entdeckte ich, dass sich unter uns eine Stadt befand. Stadt oder Dorf – das ist egal, dachte ich, denn es ähnelte keinem von beiden. Die Siedlung wurde an mehreren Stellen von Bächen durchzogen, die wie silbern schimmernde Streifen in einem scheinbar ungeplanten Muster flossen. Es schien, als wären die Häuser zwischen den Wasserläufen gebaut worden, und spinnendünne Brücken hingen überall wie ein eigenartiger Schmuck. Ich hatte noch nie so viele Brücken gesehen. Man könnte das Ganze mit einem riesigen Spinnennetz vergleichen, wobei die Gebäude die Opfer waren und die Brücken und Wasserläufe das eigentliche Netz darstellten.

“Du kannst all die Brücken als ein Muster dafür deuten, wie das Ganze zusammengebunden ist”, sagte Maorion, der wohl meine Gedanken mitgehört hatte. “Nichts, was du in einem dieser sieben Universen findest, ist ohne Bedeutung. Alles ist miteinander verbunden, um die Verbundenheit aller lebenden Dinge zu beweisen.”

“Brücken sind nicht lebendig, und diese sehen so zerbrechlich aus, dass sie jederzeit brechen können”, wagte ich einzuwenden. Maorion schaute mich mit leicht geneigtem Kopf und einem humorvollen Glitzern in seinen tiefblauen Augen an.

“Wie lange lebst du schon im Engelsreich?”, fragte er. “Alles hier ist lebendig. Erinnerst du dich an die vier Beine, die den Kartentisch stützten? Die kleineren Teile bilden oder verbinden die größeren Teile. Hat dir niemand gesagt, dass Mineralien Seelen haben wie Pflanzen, Tiere und Menschen? Die silbernen Brücken, die du überall dort unten siehst, leben genauso vollständig wie die Menschen, die auf ihnen gehen. Die Brücken dienen den Menschen, aber die Menschen, wem dienen sie?”

“Gott”, schlug ich vor. “Der große Geist oder Schöpfer, den wir gerade besucht haben. Er herrscht über alle Dinge in den Welten ohne Grenzen, richtig?”

“Herrschen!” rief Maorion aus und warf die Arme herum. “Du benutzt die falschen Worte, Worte, die mit Macht und Regierungen zu tun haben. Der Schöpfer ist kein Herrscher, er ist ein Schöpfer. Das ist eine ganz andere Sache. Die silbernen Brücken dienen den Menschen in der Weise, dass sie ihnen helfen, das Wasser zu überqueren. Mit Brücken ist es einfacher als mit Booten, obwohl auch hier an manchen Stellen Boote benutzt werden.”

“Lebende Boote?” Fragte ich sarkastisch. Aber die Ironie wirkte nicht auf Maorion.

“Genau das sind sie”, antwortete er ernst. “Boote, die mit Einsicht gebaut werden, werden zu einer Art Lebewesen. Einsicht fließt durch alles auf diesem Planeten. Eine tiefere Einsicht, als die Menschen der Erde sich vorstellen können, denn niemand hat euch gelehrt, dass es sie gibt. Einsicht ist Weisheit aus dem eigenen inneren Raum des Individuums. Es ist eine angeborene Weisheit, die in jedem DNA-Muster existiert, die aber ignoriert und selten genutzt wird.”

“Vielleicht, weil niemand davon weiß”, warf ich ein. “Aufklärung wird auf der Erde gebraucht.”

“Man muss wissen, wie man sie öffnet; man muss einen Schlüssel haben”, erklärte Maorion und begann, den Berg hinunterzuklettern. “Die Chromosomen haben ihre eigene Stimme. Folge mir und du wirst die Ältesten treffen, die jung sind!” Er begann zu pfeifen, und ich konnte keine weiteren Fragen stellen. Plaudernde Chromosomen, nehme ich an! Ich verbarg ein schwaches Lächeln in meiner Hand. Es war wahrscheinlich unangebracht zu lachen und es war schwierig genug, auf der rauen Oberfläche des Berges zu gehen, die ziemlich abrupt abfiel, ohne Löcher oder Unebenheiten, auf denen man Halt finden konnte.

“Du musst nicht wie ein Erdling laufen!”, kicherte Shala. “Du kannst genauso gut schweben wie wir, aber du scheinst in deinen eigenen Gedanken herumzustolpern! Warte nur, und du wirst den Beweis bekommen, dass Maorion nicht durch dummes Zeug redet!”

Tatsache war, dass ich mich hier überhaupt nicht außerirdisch fühlte. Ich war tatsächlich in die Rolle des irdischen Janne zurückgefallen. Vielleicht lag das daran, dass alles hier so anders war, so unirdisch schön und bemerkenswert, und doch erinnerte es mich auf eine Weise an unsere geliebte Erde, die ich in Wirklichkeit nicht verstand. Es war, als würde alles vibrieren. Die Häuser vibrierend, die Straßen vibrierend, die Brücken vibrierend… Es war eine Vibration, die in der Luft existierte, die aber nicht störend war, nur beruhigend und angenehm. Irgendwie fiel die Vibration in den eigenen Rhythmus. Ich fühlte mich so, wie sich ein physischer Mensch fühlt, wenn er gerade so unglaublich glücklich ist. Wenn man etwas Positives sehr stark erlebt, ergreift es einen irgendwie und man beginnt zu schwingen, nicht wahr, liebe Leser? Die ganze Zeit in dieser Euphorie herumlaufen zu können, war wirklich ein Geschenk Gottes.

“Es ist kein Gottesgeschenk, es ist deine DNA und deine Zellen, die sich mit allen anderen DNAs hier verbinden”, sagte Maorion freundlich. “Weißt du, dass du die ganze Zeit deine Augen geschlossen hast? Es ist jetzt an der Zeit, nach oben zu schauen!”

Wir standen auf einer Straße, oder vielleicht könnte man es auch eine Allee nennen. Es gab Gebäude, die die Form von Pyramiden hatten, andere waren quadratisch oder rund. Üppige Vegetation umgab uns, sowohl in der Mitte der Straße als auch an den Seiten. Überall gab es Blumen, Büsche und Bäume. Hier und da machte es den Eindruck eines Dschungels, aber ich sah weder wilde Tiere noch andere Gefahren. Die Straße – oder wie auch immer man sie nennen mag – verlief wie ein breiter silberner Fluss direkt durch die prächtige Vegetation. Man konnte einen Blick auf den Giebel eines Hauses oder einen anderen Teil des Hauses erhaschen, der innerhalb des “Dschungels” aufblitzte. Ich sah Menschen hin und her eilen, alle mit entschlossenem Gesichtsausdruck. Ihre Haut war hellbraun und ihre Haarfarbe variierte, aber sie machten den Eindruck, als wären sie amerikanische Ureinwohner.

“Eine Art von amerikanischen Ureinwohnern?” fragte ich mich.

“Ja, hier hast du den ursprünglichen Planeten der Mayas”, sagte Maorion und lächelte sanft. “Von hier stammen sie und hierher sind sie zurückgekehrt, nachdem sie ihr kulturelles Erbe auf der Erde hinterlassen haben. Komm, du wirst es sehen!”

Es dauerte nicht lange und die Straße öffnete sich zu einem kreisrunden Platz. In der Mitte stand eine riesige Stele, voll mit geschnitzten Zeichen und Figuren. Um sie herum verlief ein Zaun, der aus Stein und recht niedrig war. Es war kein gewöhnlicher Zaun, sondern kleine, gemeißelte menschliche Figuren, die wahrscheinlich Personen aus der Geschichte des Maya-Reiches darstellten. Ein hoch aufragender Tempel erhob sich im Hintergrund. Er war pyramidenförmig, in Stufen gebaut und das Material schien aus Silber zu sein. Auf jeden Fall glitzerte es so, dass es in meinen Augen schmerzte. Ich war völlig geblendet.

“Willkommen in der Ursprungskultur der Mayas!”, rief eine Stimme in mein Ohr, und als ich mir die Augen rieb, sah ich einen Mann und eine Frau vor mir stehen. Irgendwann in meinem irdischen Leben habe ich wahrscheinlich Bilder von den Mayas gesehen, aber diese Personen ähnelten nichts, woran ich mich erinnern konnte. Es waren zwei strahlende, schöne Wesen. Sicherlich waren sie in ihrer ganzen Erscheinung und in ihrem Verhalten Menschen, aber dennoch kamen sie mir gottgleich vor. Beide lächelten sehr freundlich, und es war der Mann, der gesprochen hatte. Er trug einen hellen, langen Mantel, der locker hing und einen goldenen Strickpullover und einen knielangen Rock – nein, nennen wir es einen Kilt, das trifft es eher. Seine Kopfbedeckung war mit Stickereien aus Goldfäden und Edelsteinen verziert. Die Frau trug ein langes, blassgrünes Kleid mit einem schön bestickten Gürtel. Unten am Saum war eine mehrfarbige Perleneinfassung. Sie war kahlköpfig und hatte lange, schwarze Haare, die ins Rote übergingen. Das Bemerkenswerteste von allem waren ihre Zähne. Wenn sie lächelte, wurde eine gleichmäßige weiße, mit Edelsteinen besetzte Zahnreihe freigelegt! Jeder Zahn hatte einen Edelstein auf seiner glatten Oberfläche angebracht. In der Tat, ihre Münder funkelten regelrecht!

“Du hast vielleicht gedacht, dass wir mehr wie die irdischen Mayas sind?” lachte der Mann und nahm mich freundschaftlich in den Arm. “Sie degenerierten, als sie sich auf eurer schönen Erde niederließen. Die Erinnerungen an die Mayas sind voll von Horrorgeschichten über Mord, Folter und Menschenopfer. So wurde es schließlich, aber es war keineswegs von Anfang an so. Folge uns in den Tempel und du wirst es sehen.”

Außerhalb des silbern schimmernden Tempels verlief eine lange Treppe mit Podesten. Als ich Maorion ansah, zwinkerte er mir zu, und Shala kicherte leicht in ihrer üblichen Art.

Ich war wirklich gespannt, wie der Tempel von innen aussehen würde, und der Weg nach oben war ziemlich lang und mühsam, zumindest für diejenigen, die nicht schweben konnten. Aber ich schwebte, natürlich.

Das Gebäude war wohl der Urtyp der stufenförmigen Pyramidentempel der Mayas. Ich seufzte selig bei dem Gedanken, wie privilegiert ich war, dies zu sehen. Oben gab es zwei Stockwerke. Das unterste hatte ein prächtiges Tor, eingerahmt von exquisiten skulpturalen Ornamenten. Das oberste Eingangstor, ganz oben, sah fast ätherisch aus und war eingebettet in ein üppiges Gerüst aus Schlingpflanzen. Was sich darunter befand, war schwer zu erkennen, aber es glitzerte und funkelte, also war es wohl etwas Ausgefallenes. Unser goldschimmernder Führer drückte an irgendeiner Stelle auf das unterste Tor, sodass es nach oben fuhr. Wir folgten ihm hinein.

Das sieht wirklich nicht wie eine Kirche aus, dachte ich und schaute mich erstaunt um. Ich hatte erwartet, dass es Altäre und Bänke geben würde, aber ich sah nur die schönsten Gemälde vom Boden bis zur Decke, und an den Wänden entlang zog sich eine lange Reihe von bequemen Sofas. In der Mitte, auf einem kleinen Podest, stand ein geschnitzter Stuhl mit sehr schönen Polstern.

“Hier versammeln sich die Priester, um über die Probleme zu diskutieren, die es gibt”, erklärte unser Führer. “Ich bin einer von ihnen, und mein Name ist Zalanki. Meine Frau hier heißt Miyra. Sie wird euch später eine gemeinsame Behausung zeigen, wie zum Beispiel unser Haus. Die Öffentlichkeit hat keinen Zutritt zu diesen beiden Etagen. Sie haben ihren eigenen Versammlungsraum im unteren Teil der Pyramide. Es gibt auch mehrere kleine Räume für kranke und notleidende Menschen. Wir haben Priester, die Mediziner für Körper und Seele sind. Wir haben Behandlungsräume im hinteren Teil der Pyramide und ein Gerät, das die meisten Krankheiten heilen kann.”

“Röntgenstrahlen, zum Beispiel?” Sagte ich so beiläufig wie möglich, denn ich war sehr beeindruckt.

“Meinst du Strahlung?”, fragte Zalanki. “Wir haben dafür ein sehr fortschrittliches System entwickelt, das die Menschen auf der Erde noch nicht haben.”

“Wie kann das möglich sein?” fragte ich. “Die Mayas waren ziemlich primitiv, wenn man mal von ihrem Kalender absieht. Haben sie denn kein Wissen von hier mitgebracht?”

“Ja, sie brachten ein umfangreiches Gepäck mit, aber sie zogen es vor, ihre frühere Existenz in diesem Universum zu vergessen, sodass das Wissen ziemlich schnell ausgelöscht wurde, anstatt sich zu entwickeln. Lediglich ihre Schriftkunst und ihre Architektur sind geblieben und haben Teile ihrer Kultur bewahrt.

“Schriftzeichen und mathematische Zeichen und Formeln blieben in den Köpfen einiger Mayas erhalten. Ebenso besaßen sie eine herausragende prophetische Fähigkeit, die vom Vater auf den Sohn weitergegeben wurde und nie ausstarb wie alle anderen. Den Blutdurst, der in der falschen Religion und der Gewalt existierte, haben sie selbst erfunden. Zu dieser Zeit gab es andere Stämme, die ihnen feindlich gesinnt waren und die Krieg gegen sie führten. Auf diese Weise kamen das Kämpfen und das Töten in ihre Kultur. Diese gibt es hier nicht. Sie haben sich selbst Götter und Götzen geschaffen, von denen ihre Vorfahren, also wir, nichts wussten.”

“Du musst auch verstehen”, unterbrach Maorion, “dass nicht alle Menschen gut ausgebildet waren, auch wenn sie von hier kamen. Wir zeigen hier die Hauptstadt oder den Hauptort der ursprünglichen Maya-Kultur, aber es gibt auf diesem Planeten, wie auch auf anderen Planeten, eine Rückseite.”

“Wo?” fragte ich mich und schaute mich im Raum um. Alle lachten.

“Nicht hier”, sagte Shala. “Du musst wissen, dass ein Universum groß ist. Wir besuchen hier nur einen der Planeten.”

“Was existiert denn hier oben?”, war meine nächste Frage.

“Es ist der heilige Raum des Hohepriesters”, antwortete Zalanki. “Niemand außer ihm hat dort Zutritt. Es ist ein Raum, der auf der Erde zum Opfern benutzt wurde. Das Einzige, was wir hier opfern, sind Blumen. Lasst uns stattdessen zu den öffentlichen Hallen hinuntergehen.”

Auch dort unten war es fantastisch, dachte ich. Ich war erstaunt über die ausgestellten Techniken der Naturmedizin und der Psychologie. Die Räume hätten nicht komfortabler eingerichtet sein können, wenn sie in der heutigen Erdenzeit existiert hätten; die Geräte in der medizinischen Abteilung erschienen mir so fortschrittlich, dass ich mich nicht traute, danach zu fragen.

“Alles scheint hier so ruhig und fließend zu sein”, bemerkte ich stattdessen, als wir aus der Pyramide hinausgingen.

“Wir haben keine Kriege, keine Feindseligkeiten, aber natürlich bleiben wir von Problemen nicht verschont”, sagte Zalanki und lächelte. “Die irdischen Mayas wurden hierher versetzt, als ihre Kultur auf der Erde zu Ende ging. Einige inkarnierten, einige kamen auf anderem Wege hierher. Wir kümmerten uns um unser Volk und empfanden große Trauer darüber, dass sie versagt hatten. Doch ihre zurückgelassenen Schriften und Gravuren zeugen von einer weit fortgeschrittenen Kultur, wie zum Beispiel ihr berühmter Kalender. Als sie hierher zurückkehrten, wünschten wir uns, dass sie sich in die ursprüngliche Kultur, die wir hier haben, einfügen würden. Das klappte aber überhaupt nicht. Sie waren nach ihrem irdischen Leben starrsinnig und engstirnig geworden. Sie wollten Autonomie, und so wurde es auch. Krieg, Gewalt und andere Schäden sind auf diesem Planeten verboten, aber wir können nicht für alle unsere Bewohner einstehen. Die Samen, die auf der Erde gesät werden, müssen vollständig heilen, anstatt stärker zu werden. Wir senden Lehrer in jede Ecke des Planeten aus und die Dinge beginnen sich jetzt zu verbessern. Streitereien und Kämpfe werden seltener.”

Während unseres Gesprächs hatten wir die Pyramide verlassen und waren in die dschungelartige Vegetation dahinter gewandert. Zalanki war für einen Moment weg und seine Frau, Miyra, führte uns zu einem der versteckten Häuser. Es war rund, eine Kuppel aus Silber und Glas, in der sich die Pflanzen spiegelten und wie ein Muster auf den Wänden und dem Dach durchschimmerten. Innen war es einfach, aber die Einfachheit strahlte vor Schönheit.

“Wir versuchen immer, die Ganzheit zu betrachten”, erklärte Miyra, als sie mein Erstaunen sah, als ich mich umschaute. “Alle Dinge gehören zusammen, deshalb teilen wir das Haus nicht in kleine Einheiten auf, sondern lassen die verschiedenen Teile miteinander verschmelzen.”

Jetzt verstand ich, dass der “Dschungel” Sinn und Zweck hatte. Im Inneren des Hauses bildeten blühende Bäume und Äste eine Art Raum-Laube. Das Ganze war außerordentlich klug geplant. In der Mitte befand sich der Versammlungsraum für die Familie, und von dort aus gingen die verschiedenen lebenden, florierenden Schirme weiter. In einer Nische schliefen die dreijährigen Zwillinge der Familie, in einer anderen spielte ein fünfjähriger Junge mit einem entzückenden Tier, das einem kleinen Hund ähnelte, abgesehen von seiner sehr spitzen Nase und den großen Augen.

Ich dachte, dass all dies wie das Paradies erschien.

“Du denkst an das Paradies”, flüsterte mir Shala ins Ohr. “Das hier ist eine ganz normale Familienidylle in der Herkunftswelt der Mayas.”

Eine lächelnde, anmutige Miyra servierte uns ein wunderbares Getränk und dazu gab es kleine, zarte, luftige Gebäckstücke. Zuerst glaubte ich nicht, dass ich essen konnte, da mein ätherischer Körper keine Nahrung braucht, aber es funktionierte perfekt, und Shala sah wohl, dass ich überrascht war, denn sie lachte.

“Janne, du bist jetzt nicht mehr ätherisch! Du hast die gleiche Beschaffenheit wie die Menschen hier, sonst könnten sie uns nicht sehen oder sich mit uns verbinden. So wird es auch von nun an sein. Sobald wir unsere Füße auf diesen Planeten gesetzt hatten, wurden unsere Körper fester. Aber schweben können wir natürlich trotzdem.”

“Schön!” sagte ich und meinte es auch so. Vielleicht sollte ich darum bitten, eine Weile hier bleiben zu dürfen. Ich mochte diese Vielfalt im Gegensatz zu den ätherischen Sphären wirklich.

“Warum zeigst du mir nur das Beste von deinem Planeten?” fragte ich die schöne Maya-Frau.

“Wenn du uns die Erde zeigen würdest, würdest du uns dann zu den Orten bringen, wo Leid und Zerstörung herrschen?”, war ihre sanfte Gegenfrage. “Ich bin sicher, dass mein Mann euch andere, weniger schöne Teile des Reiches der Mayas zeigen wird, wenn ihr sie wirklich sehen wollt. Ansonsten kannst du dich damit begnügen, Bilder von ihnen anzuschauen.”

Ganz richtig; die Mayas hatten auch eine Art Fernsehen! Aber ich lernte bald, dass es einen unendlichen Unterschied zwischen dem terrestrischen Fernsehen und diesem gab. Bei den Mayas diente es als holografisches Lehrmittel. Außerdem ähnelte es nichts, was ich bisher gesehen hatte, sondern es war eine Art Bildgerät.

“Kann eine uralte Ausgangskultur so enorm gut entwickelt sein?” fragte ich, und es war Maorion, der antwortete:

“Die Bevölkerungen einiger der sieben Universen mussten von Anfang an primitiv leben, denn es lag an ihnen, eine Kultur zu entwickeln. Im Falle der Mayas ging das überraschend leicht – hier. Ganz anders war es auf der Erde, wo es bereits andere Völker gab, die einander feindlich gesinnt waren. Hier waren alle Voraussetzungen vorhanden, um eine Welt des Lichts und der Liebe zu errichten, wie es von Anfang an in die DNA dieses Volkes eingeprägt war. Der Vater, der Große Geist, hat niemals Böses, Hass und andere negative Veranlagungen in seine Schöpfung heruntergeladen. Die Menschen waren gut darin, diese selbst zu erschaffen, durch die Kraft der Gedanken, die sich bei ihnen entwickelt hat und die sich leicht ins Negative wenden kann.”

“Und was ist mit den Tieren?” beharrte ich. “Ich habe hier einen Hund gesehen. Es gibt hier Bauern, sagtest du, also muss es wohl Tiere geben?”

“Ja, aber bei weitem nicht alle Arten, die es auf der Erde gibt”, antwortete Maorion. “Wir haben Spezies behalten, die sich freiwillig in unseren Dienst stellen oder in Symbiose mit dem Rest unseres Planeten leben wollen. Daher gibt es bei uns kaum Feindseligkeiten zwischen den Tieren.”

“Was ist dann mit der Seele?” flüsterte ich meine Frage, da ich nicht wusste, ob ich mich auf dünnem Eis befand. Ein schallendes Gelächter ertönte, und Zalanki stand plötzlich wieder da, wie vom Erdboden katapultiert.

“Lieber Freund”, rief er aus, “meinst du, wir sind seelenlos? Es gibt durchaus seelenlose Schöpfungen und Wesen in anderen Universen, aber wir gehören definitiv nicht dazu. Der Schöpfer hat uns Seelen gegeben, so wie er es auch mit allen anderen Menschen getan hat.”

“Nicht mit den Tieren?” fragte ich schnell.

“Sicher.” lächelte er. “Wir lieben unsere Tiere und behandeln sie gut. Alle Spezies haben ihre Gruppenseele, genau wie auf der Erde. Einige Spezies sind in ihrer Intelligenz so weit fortgeschritten, dass wir in Erwägung ziehen, individuelle Seelen für sie zu erbitten. Wir haben eine Art von Pferden, von denen wir wissen, dass die Menschen manchmal davon träumen. Für sie sind sie legendäre Wesen. Für uns sind sie völlig real und ganz alltäglich. Ich bin übrigens schon auf einem solchen Tier hierher geritten.”

Draußen vor dem Kuppelhaus stand ein Einhorn. Es war nicht weiß, wie die Märcheneinhörner, sondern tiefschwarz. Das einzelne Horn auf seiner Stirn war weiß wie Elfenbein. Es hatte eine weiße Socke an seinem linken Hinterfuß. Es war schlanker als ein Pferd und war mit einem weichen, eleganten weißen Sattel und silbernen Zügeln ausgestattet. Ich ging auf es zu und streichelte es, und es rieb seine schwarze Samtschnauze an meiner Schulter. Es war ein bezauberndes Tier.

“Es wäre nicht möglich, Einhörner auf eurer Erde einzusetzen”, sagte Zalanki. “Sie sind viel zu zerbrechlich und sehr scheu, bevor man sich mit ihnen angefreundet hat.”

“Ich habe keine Schüchternheit bemerkt, es hat mit mir gekuschelt”, bemerkte ich.

“Das darfst du als Kompliment auffassen”, sagte Miyra und lächelte. ”Es hat einige Wochen gedauert, bis ich mich mit meinem angefreundet habe. Einhörner sind hier das gängigste Transportmittel, und ein sehr umweltfreundliches.”

“Auch auf längeren Strecken?” fragte ich erstaunt. “Gibt es weder Flüge noch Zugverkehr? Wie kommt ihr dann an andere Orte auf dem Planeten?”

“Es gibt Boote”, antwortete Zalanki. “Wir haben auch fliegende Boote, die von einer sehr sauberen Energie angetrieben werden. Für uns reicht es mit Booten und Einhörnern. Alle Kinder lernen das Fahren, wenn sie klein sind, und sie lieben es! Es ist für sie so natürlich wie das Laufen lernen.”

Solchen Motiven konnte man nicht widersprechen. Es war seltsam, dachte ich, dass diese Menschen gleichzeitig in ihrer Kultur entwickelt und rückschrittlich zu sein scheinen. Wahrscheinlich konnten sie auch Gedanken lesen, denn Zalanki sah sehr amüsiert aus, als er mir ein Zeichen gab, dass ich ihm folgen sollte. Ich schaute zu Maorion und Shala, aber sie schüttelten den Kopf und gaben mir ein Zeichen, unserem Gastgeber zu folgen. Wir machten uns wieder auf den Weg ins Gebüsch.

Seltsames Intermezzo

Zalanki führte mich zu einem gigantischen, röhrenförmigen Haus, das sich hoch über die Baumkronen erhob. Wieder standen wir vor einem wunderschön verschnörkelten Tor. Offenbar gab es hier viele talentierte Schreiner.

“Das ist unser Gefängnis”, erklärte er. Ich spähte nach oben, aber ich sah keine Fenster.

“Braucht man so etwas in dieser idealen Gesellschaft?” Fragte ich, ein wenig sarkastisch.

“Ich kann dir sagen”, sagte Zalanki mit einem Lächeln, “dass die ideale Gesellschaft eine Utopie ist. So etwas gibt es nirgendwo. Wir sind ihr so nahe wie möglich gekommen, aber auch hier gibt es sicherlich Verbrecher.”

“Ich erinnere mich”, sagte ich nachdenklich, “dass schon zu meiner Zeit jemand davon sprach, dass die Erde ein Paradies werden würde. Jemand glaubte, dass wir irgendwann in der Zukunft ganz ohne Probleme sein würden, dass alle glücklich leben und sich wohlfühlen würden.”

“Ohne das Böse gibt es kein Gutes”, erwiderte Zalanki und stieß die schwere Tür auf. “Man muss nur das Böse so weit wie möglich reduzieren. Vermutlich sieht unser Gefängnis nicht so aus wie seine irdischen Gegenstücke, und es gibt hier nicht so viele Kriminelle. Bei uns gibt es keine Drogen, keine Gewalt oder Vergewaltigung, keine größeren Diebstähle oder Betrügereien, keinen Mord…”

“Was gibt es dann bei euch?” fragte ich erstaunt. “Gibt es mehr Böses als das, was du aufgezählt hast?”

“Ja, böse Gedanken”, war die Antwort. “Wir lesen hier Gedanken. Deshalb können wir Verbrechen so leicht abwenden. Aber die Träger der bösen Gedanken müssen eine Zeit lang zur Besinnung kommen. Dann kommen sie hierher, wo Erziehung und Therapie angeboten werden.”

Wir betraten einen kreisrunden Raum, in dessen Mitte eine Wendeltreppe in die nächste Etage führte. Ein Wachmann begrüßte Zalanki und zeigte auf die Treppe.

“Hier unten gibt es verschiedene Behandlungsräume, einen Speisesaal und eine Küche”, erklärte Zalanki, und so gingen wir die Wendeltreppe hinauf. “Der Rest des Hauses wird von den Gefangenen bewohnt.”

Ich schauderte ein wenig, als wir die Treppe hinaufkamen. Es ähnelte einem Gefängnis, mit einem Zaun um die Mitte, wo sich die Treppe befand, dann nummerierte Türen. Ich taumelte, und mein Kopf war wirr…

Ich saß in einer grauen Zelle, und ich war grau gekleidet. Die Pritsche, auf der ich saß, war hart und schmal, und es gab nur eine kleine Öffnung ganz oben, einen Nachttopf in einer Nische und ein Waschbecken mit einem Krug Wasser. Ein abgenutzter Emaillekrug stand daneben. Eine Bibel, ein Gesangbuch und eine weitere kleine, moralisch stärkende Schrift waren die einzige lesbare Literatur, die es dort gab. Ich wusste, dass ich zu Unrecht behandelt wurde. Ich hatte gestanden, um meinen Gefährten zu helfen, und da ich gesehen hatte, was sie taten – was an und für sich nur eine Lappalie war – fühlte ich mich beteiligt. Ich war der Einzige, der bestraft wurde. Johan From nannte ich mich in einer Geschichte, Lars Hård in einer anderen.

Ich grübelte über ein ungerechtes Schicksal. Doch vielleicht war es der Auftakt zu meiner Berühmtheit als Schriftsteller. Ich schrieb meine Gefühle auf, meine Ängste; ja, die Angst und die Scham, die ich glaubte, mein ganzes Leben mit mir tragen zu müssen. Wie lange würde es dauern, bis ich meine geliebten Pfarrwiesen wiedersehen würde, mein Vieh, meine Baumhaine, all die Blumen und Vögel und Kleintiere, mit denen ich täglich zu Hause Zeit verbrachte? Sie waren ich – ich war nicht die traurige, graue Gestalt, die halb verhungert da saß und die nackten Zellenwände mit obszönen Sätzen anstarrte, die von früheren Besuchern hingekritzelt worden waren.

Ich begann in unkontrollierbarer Verzweiflung über mein Schicksal und mein selbst auferlegtes Martyrium zu weinen. Die Ratten kreischten und kämpften zu meinen Füßen, sie huschten über meine Beine, sie quietschten und kratzten, und vor allem stanken sie. Die Bettwanzen waren ebenso widerwärtig. Ich pflegte sie in der Dunkelheit der Zelle zu entfernen, eine nach der anderen, und sie im Nachttopf zu ertränken. Ich empfand nicht einmal Bedauern für diesen makabren Akt, nur Erleichterung.

“Jan, Jan, wach auf!” Jemand rüttelte mich leicht am Arm und ich blickte in Zalankis besorgtes Gesicht auf. “Du bist hier oben auf der Treppe auf die Knie gefallen und in einer Erinnerung oder einem schrecklichen Traum verschwunden. Ich wollte dir nur zeigen, wie bequem es unsere Gefangenen haben.”

Ich stand auf und schämte mich. Eine alte, schmerzhafte Erinnerung hatte sich an mich geklammert und war in dieser Umgebung aufgewacht. Ich bat Zalanki um Verzeihung und gab als Entschuldigung an, dass es zu viele neue Eindrücke gegeben hatte. Er lachte nur und gab mir ein Zeichen, ihm zu folgen. Als die Tür zu einer der “Zellen” geöffnet wurde, war ich erstaunt über den Komfort, den dieses Gefängnis bot. Ein bequemes Bett, ein eigener Toilettenraum mit Dusche, ein Schreibtisch, ein gemütlicher Stuhl, ein Bücherregal und andere Annehmlichkeiten.

“Bedenke, dass diese Gefangenen keine schweren Verbrechen begangen haben”, betonte Zalanki. “Es ist einfacher, mit ihnen umzugehen, wenn sie sauber und gesund sind – ja, und eigentlich auch zufrieden, zumindest die meisten von ihnen. Sie erkennen ihre Fehltritte meist recht schnell und versprechen, sich zu bessern. Wir wissen, welchen wir vertrauen können und welche unzuverlässig sind.”

Es ließ sich nicht vermeiden, dass ich aufatmete, als wir das Gefängnis verließen. Nicht einmal in meinem jetzigen Lichtkörper kann ich mit Bestrafung und Gefangenschaft völlig einverstanden sein. Ich nutzte die Gelegenheit, um zu fragen:

“Waren es Verbrechen und Gewalt, die die Kultur der Mayas auf der Erde beendet haben?”

“Nein, Jan”, war die Antwort. “Sie starb wegen einer schrecklichen Dürre aus.”

Shala begrüßte mich mit ihrem üblichen fröhlichen Lachen. Ich erzählte ihr von meinem schändlichen Ohnmachtsanfall.

“Wie du weißt, haben wir dir erlaubt, etwas von der Erinnerung an dein letztes irdisches Leben zu behalten”, erklärte sie, “weil es von Nutzen sein kann, um dein Medium auf der Erde zu inspirieren. Manchmal kommt die Erinnerung zur falschen Zeit an die Oberfläche, wie jetzt, und wir haben vergessen, dir beizubringen, wie du mit einer solchen Erfahrung umgehst. Du warst schockiert von einer Erinnerung, die du nicht behalten wolltest, aber vielleicht hat dein Medium davon profitiert. Nun werden wir uns wieder bewegen, Janne! Wir werden bei Maorion zu Besuch sein.”

“Auf einem neuen Planeten?” fragte ich mich.

“Nein, an einem anderen Ort auf diesem. Die Erde ist ein Planet. Gibt es dort nur Schweden? Dieser Planet ist ungefähr so groß wie die Erde.”

“Da habe ich wohl falsch gedacht”, entschuldigte ich mich. “Wir gehen also zu den ursprünglichen Maori?” Sie nickte. Nun erschien Maorion wieder mit seinem Mantel. Wir verabschiedeten uns von unseren neu gewonnenen Freunden Zalanki und Miyra und luden sie ein, uns in unseren ätherischen Breitengraden zu besuchen.

Danach machten wir uns auf den Weg.

 

4. Die Herkunftskultur der Maori

Was für eine bequeme Art zu reisen, dachte ich, aber ich hatte keine Zeit, meinen Gedanken zu Ende zu führen und schon waren wir da… aber wo?

Wieder eine üppige Landschaft, die von oben Wälder, Berge und heiße Quellen zeigte, die ihr dampfendes Wasser in die Luft spritzten. Wie in Neuseeland, dachte ich und fragte mich, warum ich während meiner Erdenzeit nie Zeit hatte, dorthin zu reisen. Wir landeten sanft und dann standen wir inmitten einer Landschaft, die genauso gut auf der Erde hätte existieren können – eine Landschaft, die so alt ist wie das Leben selbst. Auch dies war eine Erde – nicht unsere, aber doch eine Art Schwester von Mutter Erde.

Sie ähnelte überhaupt nicht den dschungelartigen Anpflanzungen der Mayas. Diese Szenerie war weicher, einladender, trotz ihrer Wildheit. Das Wilde passt gut zum Sanften, dachte ich mit einem Lächeln, denn es gibt keinen sanften und bescheidenen Menschen, der nicht irgendwo tief im Inneren eine Wildheit hat, die er oder sie nicht zugeben will. Es gibt auch keine wilde und widerspenstige Seele, die nicht die sanfte, zärtliche Liebkosung des Augenblicks spüren kann.

Diese Gedanken wurden durch die Tatsache hervorgerufen, dass wir an einem Wasserfall angekommen waren, der den Niagara bei weitem übertraf. Wir standen unter seinem gewaltigen, ohrenbetäubenden Tosen, genau dort, wo der Schaum am schlimmsten wirbelte, um ein Stück weiter unten seine glitzernden Perlen in einer weichen und ruhigen Lagune zusammenzuführen, wo ich glaubte, Delphine aus dem Schaum auffliegen und wilde Purzelbäume in der lauwarmen, angenehmen Luft schlagen zu sehen. Das Licht war sehr klar, und obwohl ich keine Sonne sehen konnte, glühte es. Irgendetwas leuchtete!

“Ich musste einfach einen Blick auf meinen geliebten Wasserfall werfen”, vertraute uns Maorion an. “Als ich jung war, ging ich immer hierher und spürte, dass mein Inneres kurz davor war, der Rebellion nachzugeben, die das Trauma des Teenagers ausmacht. Die Gewalt des Wasserfalls entsprach meiner eigenen Gewalt und beruhigte mich total. Widersprüchlich, nicht wahr?”

Ich nickte nachdenklich im gegenseitigen Verständnis. Für mich war die Gelassenheit auf der Weide zwischen den Kühen und dem feuchten Boden unter meinen nackten Füßen zu Hause. Jeder Mensch hat seinen eigenen Lieblingsplatz.

“Wie du sehen kannst, bildet der Wasserfall einen schönen kleinen See”, zeigte Maorion auf. “Aus dem See fließt ein Fluss, der Abzweigungen zum Meer hat. Ich habe schon viele Kanufahrten auf diesem See gemacht, und ich hätte nichts dagegen, eine solche Reise noch einmal zu unternehmen! Doch nun werden wir uns auf den Weg in bewohntere Gebiete machen.”

Wir krochen in den Mantel und schwupps, waren wir am nächsten Ort. Ich wusste nur sehr wenig über die Kultur der Maori und ihre Lebensweise, sodass es schwierig sein würde, sie zu vergleichen. Irgendwie assoziierte ich sie immer mit den Aborigines in Australien und stellte mir vor, dass sich die beiden Kulturen ähneln. Es stellte sich heraus, dass ich in diesem Punkt völlig falsch lag.

Wir waren nicht mehr in der Natur. Die Stadt oder das Dorf um uns herum war schwer zu beschreiben. Es gab Paläste aus Marmor und Glas, und Häuser in verschiedenen Formen. Sie standen nicht dicht beieinander, wie die Häuser einer modernen Stadt, sondern eher verstreut. Ich hielt Ausschau nach Hütten, von denen ich angenommen hatte, dass die Maori darin lebten.

“Wo sind die kleinen Hütten?” fragte ich. Maorion lachte herzhaft.

“Du hast die Kulturen der amerikanischen Ureinwohner im Kopf”, sagte er. “Dort haben sie Hütten. Die Maori stammen, genau wie die Polynesier und die Filipinos und viele andere, von den Atlantern ab. Atlantis war zu seiner Zeit ein weitläufiges Landgebiet, größer als das, was in den verschiedenen Mythen über diesen Kontinent angedeutet wird. Ihre Kultur war weiter entwickelt, als du dir vorstellen kannst. Es gibt Beweise dafür, dass Atlantis existiert hat; es ist einfach zu mühsam für die Wissenschaftler der Erde, ihre Karten neu zu zeichnen. Es ist einfacher, Atlantis eine Utopie zu nennen. Aber in Wirklichkeit gab es eine große Anzahl von Menschen auf Atlantis, und als der Kontinent unterging, retteten sich viele von ihnen und gründeten neue Stämme auf den Teilen der Erde, die noch übrig waren. Sie konnten ihre einzigartige Kultur nicht wieder aufbauen; viele hatten nach der Katastrophe ihr Gedächtnis verloren. Sie waren auf einem fremden Kontinent gestrandet und mussten ganz von vorne anfangen.”

“Seltsam”, dachte ich. “Sicherlich müssen sie etwas behalten haben?”

”Wenn Erdbewohner auf einer einsamen Insel gestrandet wären, glaubst du, dass sie als erstes ein Handy oder einen Fernseher oder ein Radio erfinden würden? In erster Linie geht es dann darum, zu überleben, eine Unterkunft zu bekommen und Nahrung in den Magen zu bekommen. Die Entwicklung zu einer hochentwickelten Zivilisation dauert sehr lange, vielleicht Hunderte von Jahren.”

“Aber auf der Stufe der Ureinwohner zu bleiben”, protestierte ich.

“Was ist falsch daran, ein Eingeborener zu sein?”, fragte Maorion streng. “Du weißt nicht, was im Gehirn eines Eingeborenen vor sich geht, nicht wahr? Viele von denen, die du Eingeborene nennst und die jetzt in Neuseeland leben, sind Anwälte, Ärzte und Politiker in führenden Positionen. Die laufen nicht in Lendenschuhen herum und schlagen Trommeln.”

Ich schwieg. Der Snob in mir hatte sich auf einen dummen kleinen Ausflug begeben. Ich würde meine Einwände wohl lieber vergessen. Maorion sah mich an und lächelte.

“Es ist gut, dass du nicht alles für selbstverständlich hältst”, sagte er. “Jetzt lass uns erst einmal richtig umsehen. Die ganze Stadt ist von Obst- und Weingärten umgeben, und überall sieht man Menschen, die sich diesen Reichtum zunutze machen.”

Menschen, ja. Ich bin vor Maorion noch nie einem Maori begegnet, daher weiß ich gar nicht so recht, was für ihr Aussehen typisch ist. Klein, mollig, braun und kraushaarig, so hatte ich mir das vorgestellt. Hier trafen meine Blicke auf große, schlanke, muskulöse Männer mit hellbrauner Haut und einer Haarfarbe, die von schwarz bis mittelbraun reichte. Die Locken kamen spärlich vor! Die Frauen waren wunderschön, und sie hatten die eigenartigsten Frisuren. So etwas habe ich noch nie gesehen. Shala sah, wie ich eine junge Frau anstarrte, die ihr rötliches Haar direkt auf dem Kopf zu einem Knoten gebunden hatte. Aus dem Knoten baumelten Locken rund um ihren Kopf. Glänzende Metallfäden waren überall eingestreut, zusammen mit Blumen in verschiedenen Farben. Oben auf dem Knoten ruhte eine Krone, die ebenfalls aus Haar gemacht war.

“Die Krone ist sicher aus Haarteilen gemacht”, flüsterte Shala. “Ist sie nicht wunderschön?” Sie kicherte laut über meine erschrockenen Blicke. Die Frau trug nämlich ein sehr tief ausgeschnittenes Oberteil, mit einem langen und einem kurzen Ärmel. Außerdem war sie weit unten an der Hüfte entblößt, während ihr Rock lang und weit war und eine kleine Schleppe hatte.

“Sie ist wahrscheinlich auch reich und adlig”, fuhr Shala fort, doch Maorion unterbrach sie.

“Hier gibt es keine Klassenunterschiede”, sagte er. “Ungewöhnliche Kleidung ist nur ein Zeichen von Fantasie. Das wissen wir hier zu schätzen. Wir mögen auch ungewöhnliche Gedanken. Wenn wir uns nachts um die Feuer versammeln, und hier ist es ziemlich kalt, ist es unser liebster Zeitvertreib, ungewöhnlichen Ideen und spannenden Geschichten zu lauschen. Dann führen wir Diskussionen. Manchmal haben wir Pantomimen und Ratespiele. Wir haben viele wunderschöne Zeremonien und heute Abend werden du und Shala an einer teilnehmen dürfen. Wir werden den Höchsten Geist preisen. Zu Gast sind die Angst, das Böse und die Lust an der Macht.”

“Wie steht es denn mit dem Sport?” fragte ich.

“Wir haben viele Sportarten, an denen sowohl Männer als auch Frauen teilnehmen”, antwortete Maorion. “Auch wenn wir im Wettkampf stehen, gibt es nie Kämpfe, und es geht nie um Geld, wie auf der Erde. Sicherlich wird Geld für die Notwendigkeiten des Lebens verwendet, aber niemals für einen Wettbewerbszweck. Boxen gibt es hier nicht. Wrestling kann in einer abgeschwächten Version vorkommen, wenn man es mit den rohen Leistungen auf der Erde vergleicht. Schwimmen ist ein Muss; es gibt hier so viel Wasser. Laufen ist ein beliebter Sport. Wir haben verschiedene Spiele, die du auf der Erde nicht kennst.”

“Ich bin nicht mehr auf der Erde”, informierte ich ihn geduldig. “Du redest die ganze Zeit so, als wäre ich ein dummer Erdling.” Maorion brach in schallendes Gelächter aus.

“Entschuldigung!”, rief er aus. “Das war nicht böse gemeint. Aber ich finde, dass es unter den Sportarten, die heutzutage auf der Erde betrieben werden, viele gibt, die überhaupt nicht gut für den menschlichen Körper sind. Es ist oft nur ein Wettkampf, um durchzuhalten, den Körper in abnorme Funktionen zu dehnen und zu versuchen, seine Mitmenschen zu täuschen und zu übertrumpfen. Dabei ist der Sport etwas Schönes und Nützliches. Einige sind gute und einige schlechte Sportler, aber alle helfen sich gegenseitig. Es ist die Gemeinschaft und der gegenseitige Respekt, der hier zählt. Keiner schaut auf den anderen herab.”

“Dann gibt es bei euch sicher auch kein Mobbing in den Schulen?” fragte ich. Maorion runzelte die Stirn und Shala kicherte.

”Was ist Mobbing?”, fragte er. Unglaublich, dass dieser hohe Geist dieses Wort nicht kannte. Obwohl Geist… war er ein Geist oder eine physische Person? Ich beschloss, ihn zu fragen. Sonst kann man ja nichts herausfinden.

“Mobbing ist zum Beispiel, dass Schulkinder gemein zueinander sind – sehr gemein, dass ein Kind den Schimpf-worten der anderen Kinder ausgesetzt ist, dass ein Kind aus der Gemeinschaft ausgegrenzt wird. Das Kind kann sogar von seinen Kameraden misshandelt werden. Entschuldigung, aber bist du physisch oder psychisch, da du das nicht kennst?”

“So etwas gibt es weder in unseren Schulen noch sonst irgendwo auf diesem Planeten”, antwortete Maorion ernst. “Die Kinder lernen von Anfang an, sich gegenseitig als die Seelen zu respektieren, die sie alle sind – und haben. Auf deine zweite Frage antworte ich, dass ich weder das eine noch das andere bin, in irdischen Begriffen gerechnet. Ich kann mich frei in unseren Universen bewegen und ich materialisiere mich ohne Schwierigkeiten, wenn es nötig ist. Mein Übergang von den Maori fand vor Tausenden von Jahren statt. Ich zähle mich nicht als Geist, aber in irdischen Augen bin ich vielleicht genau das. Eigentlich gehöre ich zu einer Gruppe im Universum der Zentralen Rasse, aber davon werden wir irgendwann mehr sprechen. Ich wurde als dein Führer hierher berufen, weil du etwas lernen musst.”

“Gibt es hier wissenschaftliche Einrichtungen und Labore?” wunderte ich mich.

“Ja, viele”, antwortete unser Führer. “Sie sind hier, dort und überall in unseren Landgebieten verstreut.”

“Landgebiete”, wiederholte ich. “Meinst du Länder, oder die Grenzen der Maori?”

“Hier gibt es keine sichtbaren Grenzen”, erklärte uns Maorion. “Zwar bevölkern verschiedene Kulturen diesen Planeten, aber wir wissen, wo unsere Grenzen sind, und es käme niemandem in den Sinn, daran zu zweifeln oder zu misstrauen. Ihr nennt sie Länder – wir sagen Landgebiete – und ihre Größe ist völlig abhängig von ihrer Fauna und Flora. Die Landschaft auf diesem Planeten variiert enorm, und die verschiedenen Bewohner haben sich an unterschiedliche Arten von Natur angepasst. Dann wird es für uns natürlich, von Gebieten zu sprechen. Grenzen sind eine Form von Barriere und Einschränkung, die keiner von uns mag.”

“Wenn die Menschen auf der Erde das nur erkennen würden!” seufzte ich. “Grenzen jeglicher Art verhindern Gemeinschaft und schaffen Gewalt. Die Gewalt breitet sich sowieso über die Grenzen aus. Gibt es denn hier keine Gewalt oder Polizei?”

“Es gibt Präfekten, die vom Volk gewählt werden. Natürlich kann es zu Gewalt kommen, die Maori sind auch nicht vorbildlich. Wir haben bestimmte Personen innerhalb der Präfekten, die sich um solche Fälle kümmern. Du hast das Gefängnis der Mayas gesehen, richtig? Hier gibt es ähnliche Orte für die Rehabilitation und psychologische Behandlung. Wir haben Heilmittel für solche Dinge, die auf der Erde noch nicht erfunden worden sind.”

Im Laufe unseres Gesprächs waren wir an einem schönen Gebäude angekommen. An mehreren Stellen hatte ich gesehen, dass die Dächer der Maori-Häuser wie Gärten aussahen, mit üppiger Vegetation, die sich manchmal an den Wänden entlang nach unten zog.

“Hier drin sind diejenigen versammelt, die Meditation und Hingabe suchen”, erklärte Maorion. “Das gibt dir nun einen Vorgeschmack auf die uralte Kultur! Wir werden der Zeremonie beiwohnen, die ich vorhin erwähnt habe.”

Er legte seine Arme um Shala und mich und führte uns durch das, wie immer, schön gestaltete Tor. Drinnen herrschte reges Treiben. Zuerst verstand ich nicht, wie eine Zeremonie in dem Gedränge von Menschen, Gerüchen und Stimmen untergebracht werden konnte. Es schien, als würden alle gleichzeitig sprechen, und irgendeine Art von Weihrauch hing von der hohen Decke in langen Ketten mit Behältern, die jemand gelegentlich schwenkte. Ströme von lieblichem Duft glitten wie ein dünner Rauch durch die gesamten Räumlichkeiten. Es war ein großer, riesiger Raum. Sicherlich war er auch sehr schön, aber es war kaum etwas anderes zu sehen als Menschen, die sich hin und her bewegten – nein, sich zwischen einander vorwärts drängten. Auch wir drängten uns, und ich hielt mich sowohl an Shala als auch an Maorion fest, denn hier drin konnte jeder von uns leicht verloren gehen und nur schwer wieder zu finden sein. Plötzlich ertönte ein Ton, und alles war still. Alle blieben stehen, als hätte eine unsichtbare Kraft alle Bewegungen zum Stillstand gebracht.

Jetzt konnte ich ein wenig mehr von der Halle sehen, in der wir uns befanden. Auf bemerkenswerte Weise hatte sich die Menschenmenge in kleinen Gruppen am Rande des Raumes, in dem wir standen, organisiert, mit einem engen Ring in der Mitte. Diejenigen, die sich in dem Ring befanden, hatten Masken für ihre Gesichter erhalten. Die Masken waren ungewöhnlich; sie schienen aus Edelsteinen geschnitzt zu sein. Maorion nickte, als er meine Gedanken las.

“Jade, Kristall, Rubin, Türkis; viele Edelsteine gibt es hier in den Bergen in Hülle und Fülle”, flüsterte er. “Auch hier gibt es Steine, die auf der Erde unbekannt sind und die unglaublich schön sind.” Er deutete auf eine Maske, die an uns vorbeizog. Sie erinnerte an einen Opal, aber genau diese Farbkombi-nationen hatte ich noch nie gesehen; sie war atemberaubend schön.

Nun öffnete sich der innere Ring und ließ eine Reihe von Figuren passieren, die offenbar die Götter oder irgendwelche Phantome darstellten. Ihre Kopfbedeckungen waren fantastisch, außerdem waren sie in kurze oder lange Gewänder in verschiedenen Farben gekleidet. Diejenigen, die kurze Kilts trugen, hatten ihre Beine in erstaunlichen Mustern bemalt. Während ich diese bemerkenswerten Phänomene beobachtete, begannen Töne zu erklingen. Es war keine gewöhnliche Musik; es war unmöglich, sie zu beschreiben. Es waren heilige Töne, die direkt in die Knochenstruktur gingen (die ich anscheinend jetzt hatte!), sodass der ganze Körper zu zittern begann. Dann geschah etwas noch Bemerkenswerteres.

Kleine Figuren – es müssen Kinder gewesen sein – schwebten in der Luft. Sie waren verkleidet, manche als Tiere, die ich wiedererkannte, manche als leuchtende Wesen, die ich noch nie gesehen hatte. Sie segelten in der Luft, schwammen irgendwie und machten weiche, schwebende Bewegungen. Gelegentlich tauchten Funken auf, und bei diesen Gelegenheiten jubelten die Menschen. Ansonsten war es vollkommen still: Nur die Töne waren zu hören, und die waren so eigenartig, dass ich es nicht schaffte, auf dem Boden zu stehen, also setzte ich mich hin und zog Shala mit mir. Wie immer fiel es der kleinen Dame schwer, sich das Lachen zu verkneifen. Sie schlug die Hände vor den Mund und ich beobachtete, wie ihre Schultern zitterten und ich hörte ihren Schluckauf. Ihre Augen, die mich ansahen, leuchteten vor Heiterkeit. Ich fand das überhaupt nicht angemessen, also stand ich auf und zog sie hoch. Die Umstehenden hatten begonnen, sich zu bewegen, und ein älterer Mann nickte uns zu, um Platz zu machen. Maorion war komplett verschwunden.

Ich drückte Shala eng an mich und zog sie mit mir direkt hinter den Mann, da sich das ganze Publikum in einem bestimmten Muster in eine bestimmte Richtung zu bewegen schien. Der Mann drehte sich um und gab uns ein Zeichen, ihm zu folgen. Er machte einige Bewegungen, wie sich verbeugen, knien, Arme heben, etc. Natürlich taten wir das Gleiche, wobei ich darauf achtete, dass Shala hinter mir war. Dann streckte sie mir ihre Zunge entgegen. Sie war wirklich ein kleiner Schlingel-Engel. Manchmal fragte ich mich, ob sie in einem sehr frühen Alter, dreizehn, vierzehn Jahre vielleicht, hinübergegangen war und ihre Kindlichkeit nicht ausleben durfte.

Nun geschah etwas. Die schwebenden Kinder bildeten einen Ring in der Luft über den Menschen, die in einem Ring auf dem Boden standen. Die Götterfiguren – wenn es denn Götter waren, die sie darstellten – begannen sich zu drehen, und weitere Funken bildeten sich. Es war heiß dort drinnen und der Geruch von all den Weihrauchbehältern begann zu ersticken, zusammen mit der starken Ausdünstung der Menschen. Mir wurde übel, und Shala hielt sich ihren Schal über Nase und Mund. Der Mann vor uns deutete nach vorne, doch dann beschloss ich, ein schnelles Manöver zu machen. Ich zielte auf die Tür, und mit einer schnellen Bewegung hob ich Shala vom Boden auf und trug sie mit mir zwischen kompakten menschlichen Körpern zur Tür und hinaus an die frische Luft. Dort ließ ich sie, nicht ganz sanft, herunter und holte tief Luft.

“Sicherlich war die Zeremonie wunderbar”, keuchte ich, “aber ich konnte es nicht mehr aushalten. Man musste schon ein Kind sein, um so ein Gedränge zu ertragen. Und du lachst nur noch…”

“Für Uneingeweihte ist das fast verständlich.” ertönte eine Stimme, und als ich mich umdrehte, stand Maorion da. “Schade, dass du nicht die ganze Zeremonie miterleben konntest; sie ist sehenswert. Aber ich werde versuchen, die Bedeutung der verschiedenen Figuren, die erschienen sind, zu erklären.”

“Diese schwebenden Kinder”, begann ich, doch Maorion unterbrach mich.

“Es waren keine echten Kinder”, sagte er und lächelte. “Es waren Hologramme. Die Herstellung von Hologrammen ist ziemlich verbreitet, sowohl auf diesem Planeten als auch auf anderen. Es ist praktisch, denn sie brauchen keinen festen Boden unter den Füßen, wie wir es tun; sie schweben ganz ausgezeichnet in ziemlich großen Höhen.”

“Aber die Luft war so dicht”, warf Shala ein. “Man konnte kaum atmen.”

“Die Maori sind daran gewöhnt”, antwortete Maorion. “Für sie bedeuten sowohl die Töne als auch der Weihrauch eine Anhebung ihres Bewusstseins, und dann werden ihre Körperfunktionen auf ein neues Verhaltensmuster umgestellt. Sie sind sich ihres Körpers einfach nicht bewusst.”

“Haben sie diese Fähigkeit auf die Erde gebracht?” fragte ich mich.

“Vielleicht bis zu einem gewissen Grad, ganz am Anfang”, antwortete er. “Aber sie vermischten sich so schnell mit den Polynesiern und dann mit anderen Menschen, die Neuseeland besuchten, dass die alten Lektionen vergessen wurden und neue entstanden. Daher ist die Religion, die ihre heutige Tradition auf der Erde ist, nicht ihre ursprüngliche Kultur, obwohl auch sie sehr alt ist. Die Kinder, die du gesehen hast, die in der Luft segelten und Funken auslösten, beziehen sich auf einen Ritus von hier. Sie repräsentieren ungeborene Kinder, die auf der Suche nach ihren Eltern sind, und die Funken entstehen, wenn sie ihre Familie finden.

“Auf der Erde glauben die Maori, dass wenn ein Baby bei der Geburt niest, dies ein Beweis für seine Lebenskraft ist. Sie nennen diese Lebenskraft ‘mauri’ und dieses Wort stammt tatsächlich von hier. Wenn die Menschen dort erst Gruppen und dann Ringe bildeten, bedeutete das, dass die Gemeinschaft der Gruppen schließlich in die Gemeinschaft und Zusammenarbeit des engen Kreises übergeht, und dort mischt sich auch die Lebenskraft ein und wird zu einer gemeinsamen Manifestation der Kraft. Sie ist so stark, dass sie Berge versetzen kann – und es ist tatsächlich geschehen.”

“Ich habe gehört, dass die Maori Rituale im Wasser haben”, sagte Shala. “Wofür stehen sie?”

“Wie ich schon sagte, betrachten wir hier das Wasser als einen Teil des Lebens”, antwortete Maorion. “Es ist hier kein Ritual, nur ein wesentlicher Teil unserer Abläufe, wie Schwimmen, Wasserspiele, Waschen und Reinigen. Die Maori-Priester auf der Erde stehen bis zu den Hüften im Wasser, um sich vor den Kräften zu schützen, die sie beschwören. Das haben sie nicht von hier erhalten. Wir rufen keine Kräfte an, vor denen wir Angst haben, und außerdem haben wir keine Priester. Wozu brauchen wir sie?”

“Priester hat es zu allen Zeiten in verschiedenen Formen auf der Erde gegeben. Selbst in den heidnischen Zeiten gab es Priester, die ihre dunklen Riten vollzogen”, wandte ich ein. “Die Menschen brauchen etwas, an das sie glauben können, aber sie können nicht selbst in dieser Richtung denken, deshalb holen sie sich Hilfe von Priestern. Ist das hier nicht auch der Fall?”

“Nirgendwo auf diesem Planeten wirst du Priester finden.” Maorion lächelte. “Es gibt geistliche Führer, verschiedene Arten von Helfern, an die man sich wenden kann, wenn es nötig ist, aber wir sind nicht in verschiedene Religionen aufgeteilt. Der gesamte Planet ist von einem einzigen Glauben durchdrungen – nämlich dem Glauben an den Schöpfer. Jeder weiß um die Zentrale Rasse und den Schöpfergott. Niemand würde es je über sich bringen, dies anzuzweifeln. Dieser Gedanke wird dem Baby mit der Muttermilch eingeimpft, er ist also fast angeboren.”

“Indoktrination auf hohem Niveau”, murmelte ich. “Warum kann nicht jeder, wie auf der Erde, entscheiden, woran er glauben will? Habt ihr hier ein Gruppendenken, genauso wie einen Gruppenzwang?”

“Gute Frage”, nickte Maorion. “In diesem Fall wären wir ein Team von Marionetten in den geschickten Händen des Schöpfers. Doch das ist nicht der Fall. Wer hier aufwächst und anfängt, sich zu wundern, zu zweifeln und zu hinterfragen, den verstehen wir vollkommen. Dieses Individuum kann sich einer Einweihung unterziehen, die alle seine Fragen so zufrieden-stellend beantwortet, dass es selbst für den geschicktesten Haarspalter unmöglich ist, sie in Frage zu stellen.”

“Was ist mit dem individuellen Gefühl?” fragte ich in einem festen Ton. “Behält er sein Gefühl bei dieser Einweihung, oder ist es völlig ausgeschaltet, sodass er nur das versteht, was die anderen ihm zu verstehen geben wollen?”

“Jetzt hast du etwas Wichtiges gesagt”, antwortete Maorion zufrieden. “Gefühle steuern den Menschen. Darüber bin ich mir völlig im Klaren. Gefühle können verarbeitet, in verschiedene Richtungen gesteuert und auf ein enormes Niveau gehoben werden – wenn man es will. Jeder weiß, dass es schief gehen kann, wenn man gegen seine Gefühle handelt. Das ist das erste, was einem Kind hier vor der Einschulung beigebracht wird. Gehorche deinen Gefühlen, höre auf dein Unterbewusstsein, höre auf deine Gefühle und finde heraus, woher sie kommen; das müssen alle Eltern ihren Kindern beibringen, und es wird überprüft, sei dir dessen sicher.”

“Das klingt, als gäbe es hier doch einen Big Brother”, konnte ich mir nicht verkneifen zu sagen. Wieder schaute Maorion verständnislos.

“Ich weiß nicht, was du meinst. Was ich dir sage, sind die Säulen der alten Kultur. Ohne die Beteiligung des Einzelnen daran wäre unsere Kultur untergegangen, so wie es alle Kulturen mehr oder weniger taten, als sie auf die Erde kamen. Wir haben Freiheit, Jan – eine hervorragende, wunderbare Freiheit. Jeder ist frei. Es gibt nirgendwo einen Zwang. Die verschiedenen Erscheinungsformen der Kultur sind von freien Individuen entstanden und wurden von freien Individuen angenommen. Unsere Schöpfung fand früher statt als die des irdischen Menschen. Wir sind keine Anfänger, aber die meisten von uns sind Lehrer. Lehrer, die sich gegenseitig unterrichten.”

Ich konnte ihm nicht widersprechen. Während wir uns unterhielten, hatten wir uns von der Stadt entfernt und waren auf das Land hinausgegangen. Maorion ging zielstrebig einen Weg, der uns über einen grünen Hügel brachte, der hinunter in ein Tal führte, in dem ein Fluss floss. Dort unten gab es einen kleinen Hafen mit einer Vielzahl von Booten. Ein älterer Mann kam aus einem kleinen Schuppen und grüßte Maorion herzlich.

“Jetzt werden wir wohl mit dem Boot fahren”, flüsterte Shala. Sie hatte recht. Der Mann zeigte uns ein großes Segelboot, das wirklich prächtig war. Es war rosa, mit ovalen Landschaftsmalereien in schönen Farben entlang der Längsseiten des Bootes. Am Bug erhob sich eine außer-gewöhnlich schöne Galionsfigur, die einen Delphin mit einem liebenswerten, goldenen Kind auf dem Rücken darstellte. Die Segel waren gelb und rosa. Das Boot war ein wenig breiter als unsere durchschnittlichen Segelboote und schien stabil zu sein. Ich habe immer stabile Boote bevorzugt und ich sah an Shala, dass sie das Gleiche dachte. Wir gingen an Bord.

Gespräch auf einer Reise

“Ich bin froh, weiterhin über das Leben auf diesem Planeten berichten zu können”, sagte Maorion, als er sich am Ruder niedergelassen hatte. “Nach dem, was ich berechnen kann, sind wir euch in der Zeit um einige hundert Jahre voraus. Wie du sehen kannst, hat sich das äußere Erscheinungsbild der Menschen nicht so sehr verändert. Haut und Haare variieren; was den Rest angeht, sind wir Maori geblieben, mit den besonderen Merkmalen dieser Kultur. So war es auch bei den Mayas, wie du bemerkt hast. Und nun schau dir die Landschaft an, die hier vorbeizieht; es ist die schönste Landschaft, die ich kenne.”

Das konnte ich gut nachvollziehen. Shala und ich stießen abwechselnd bewundernde Ausrufe aus. Es war eine Mischung aus der Fahrt in einem norwegischen Fjord mit hohen, bewaldeten Bergen auf beiden Seiten und dem Herauskommen auf einem silbern glänzenden See mit umliegender üppiger, tropischer Vegetation und dann wieder inmitten der Berge. Die Landschaft schwankte zwischen verführerischer Sanftheit und heiligem, feierlichem Gefühl, aber überall war eine solche Freude zu spüren. Ich weiß nicht, ob es an dem Licht lag, das sich manchmal als schiere, pastellfarbene Schleier über das Wasser legte und manchmal in heftigen Farbkaskaden am Himmel über uns spielte. Es war fast eine Schande zu sprechen.

Maorion saß mit der Hand am Ruder, und die Liebe zu dem, was er sah, leuchtete um ihn herum. Seine ganze Gestalt war von einem besonderen Licht umgeben, schwach, aber dennoch voll sichtbar. Ich fragte mich in meinem Geist, ob sich das Liebeslicht auf diese Weise manifestierte. Shala und ich leuchteten nicht, das stellte ich kühl fest, indem ich meine süße Begleiterin ansah und meinen Arm über das Wasser streckte.

“Du leuchtest, Maorion”, betonte ich.

“Das liegt daran, dass ich mich zu Hause fühle”, lachte er, “zusammen mit zwei guten Freunden draußen auf den Wellen. Das ist mein Boot, ich habe es schon lange, lange Zeit. Ich mache immer eine Fahrt damit, wenn ich zu Hause bin, aber dieses Mal wird es keine kleine Fahrt sein. Mein Boot bekommt die Gelegenheit, seine Flügel auszuprobieren – oder sollten wir sagen Segel? Willst du etwas fragen, Jan?”

“Ich denke über den Tod nach”, antwortete ich und schämte mich fast, in dieser lebendigen Landschaft von erlesener Schönheit über den Tod zu sprechen. “Wie alt werden die Menschen hier? Was passiert, wenn sie sterben?”

“Wieder gute Fragen, Jan!” erwiderte Maorion lächelnd. “Wir haben noch viele Besuche auf diesem Planeten vor uns, und danach kehren wir an den Ort zurück, an dem wir zuerst angekommen sind. Dann wirst du sehr viel erfahren, aber ich werde versuchen, deine Frage so gründlich wie möglich zu beantworten.

“Die Maori hier werden meist sehr alt. Mehrere hundert Jahre sind nichts Ungewöhnliches. Für einen Ex-Erdling ist das sicher schwer zu verstehen. Aber sie leben auf die richtige Art und Weise und haben wenige oder keine Feinde. Wenn einer von uns stirbt, wird eine ziemlich langwierige Zeremonie abgehalten. Der Verstorbene wird in einen offenen Sarg gelegt, umgeben von einem Meer von Blumen. Nur der Kopf ist frei von der Blumenpracht. Wir balsamieren unsere Toten so ein, dass sie aussehen, als ob sie schlafen würden. Noch zu Lebzeiten wurde eine Vereinbarung getroffen, ob sie eingeäschert werden wollen oder nicht. Gemeinsam singen wir für den Verstorbenen, kleine Kinder tanzen einen rituellen Tanz, und danach stoßen wir mit einem Kelch der Trauer an. Wir machen alles gemeinsam. Niemand darf einzeln nach vorne gehen und weinen. Wenn du weinen möchtest, tust du es während der Zeremonie, zusammen mit den anderen. Kerzen und Weihrauch stehen in Hülle und Fülle zur Verfügung. Auch die Töne sind dabei.”

“Meinst du die Töne, die wir bei der Zeremonie gehört haben, wo es so erstickend war?” unterbrach ich.

“Ja, genau. Es ist eine Art von Musik, die wir seit Ewigkeiten bei uns haben. Die Töne existieren und sind ihre eigene Musik.”

“Ihre eigene Musik?” Jetzt war es Shala, die sich einmischte. “Musik muss doch von jemandem oder etwas gespielt werden, oder?”

“Nicht diese Musik”, erwiderte Maorion leise, und sein Gesicht war wie verzückt. “Sie sorgt für sich selbst. Sie ist lebendig, und sie erscheint, wenn wir darum bitten. Sie kann auch kommen, wenn wir es am wenigsten erwarten und wenn wir sie am meisten brauchen.”

“Musik, die lebendig ist und sich um sich selbst kümmert”, wiederholte ich. “Du machst wohl Witze! Das gibt es nicht.”

“Doch, hier und dort im Zentraluniversum”, antwortete Maorion. “Man sucht es sich nicht aus. Es kommt einfach, und es ist immer die richtige Musik.” Ich verzichtete darauf, weiter zu fragen. Wahrscheinlich würde ich die Antwort sowieso nicht verstehen. Die Töne waren schön; das reichte.

“Ich werde dich nicht alle Landstriche des Planeten besuchen lassen, oder alle Kulturen”, fuhr Maorion fort. “Ein paar werden genügen. Wir wollen, dass Jan den wahren Ursprung sieht und erfährt, damit er ihn durch sein Medium weitergeben kann.”

“Wer begreift das?” rief ich erschrocken aus. “Die Leser werden nur glauben, dass ich mir das alles ausgedacht habe, um sie zu unterhalten.”

“Es gibt gewisse Verbindungen zwischen den Kulturen der Erdenmenschen und unserer”, erwiderte Maorion geduldig. “Mehr ist nicht nötig, um sich den Ursprung vorstellen zu können. Es ist bald an der Zeit, dass wir eine andere Kultur besuchen. Mein Boot hat die gleichen Eigenschaften wie viele andere Dinge in diesen Breitengraden: Es bringt uns zu einem neuen Ziel.”

“Mir schwirrt der Kopf”, sagte ich ein wenig mürrisch. “Das wird mir zu viel. Wann werden wir zur Engelsbasis zurückkehren?”

“Wenn du gelernt hast, was notwendig ist”, lautete die Antwort.

Der Fluss wurde breiter, und ich nahm an, dass wir an einem neuen See ankommen würden. Das taten wir aber nicht. Wir kamen am Meer an. Auf der einen Seite waren plötzlich Sandstrände mit hohen Dünen, und etwas weiter weg sah ich eine Walflosse aus dem Wasser ragen, wo der Ozean seine endlosen Wellenkämme ausbreitete. Einige Delfine spielten ihr silbern glitzerndes Spiel in der Gischt von unserem Boot.

“Delfine sind fast wie Menschen”, flüsterte mir Shala ins Ohr, während Maorion mit dem Ruder eine scharfe Wendung machte. Der Wind hatte zugenommen und war ziemlich stark.

“Es gab viele Delfine in Atlantis”, erzählte uns Maorion. “Sie wurden zu Hunderten ausgesandt, kurz bevor das Land unterging. Die Delfine warnten die Menschen, aber die Menschen kümmerten sich nicht darum. Sie hatten die Delfinsprache gelernt, denn die wunderbaren Tiere spielten oft in den Buchten und waren gar nicht scheu vor den Menschen. Die Kinder liebten sie besonders – und sie liebten die Kinder. Boote wie dieses waren in Atlantis weit verbreitet. Die Maori hatten sich dort zuerst angesiedelt, als sie auf die Erde geschickt wurden, aber sie trugen nicht allzu viel zur Rettung des Landes bei. Sie hatten ihre Kultur von hier mitgebracht, aber sie war bei den anderen Bewohnern von Atlantis nicht sehr beliebt. Da sie immer noch Wissen von hier behielten und in der Lage waren, die Katastrophen, die passieren würden, vorherzusagen, gingen sie von dort weg, bevor der Ozean seinen Tribut von dem schönen Land forderte.

“Da ihr Herkunftsland so viele Seen und Ozeane und andere Wasserwege hatte, waren sie geschickte Seeleute. Einige von ihnen landeten in Neuseeland, andere in Polynesien.”

“Das war eine neue Sicht auf die Geschichte”, unterbrach ich. “Die Kinder in unseren Schulen dürfen solche Dinge nicht lernen.”

“Eure Schulen lehren vieles, was falsch ist”, bestätigte Maorion lächelnd. “Wenn der wahre Verlauf der Geschichte bekannt wäre, dann wäre eure Welt ganz anders, mit der Kraft des Denkens im Fokus für alle Arten des Lernens. Leider ist das nicht geschehen, und deshalb müssen auf der Erde wieder schwierige Dinge geschehen, damit die Menschen lernen zu verstehen.”

“Wohin gehen wir jetzt?” fragte sich Shala, doch sie bekam nur ein Lächeln als Antwort. Der Ozean umarmte uns mit seinen tiefblaugrünen Armen und am Himmel waren die Farben der Sonne verblasst und hatten sich zu etwas vertieft, das einem Saphir ähnelte, mit einem schimmernden weißen Glanz in der Mitte, einem Licht, das im Innersten des Edelsteins verborgen lag. Es gab keine anderen Sterne, nur diesen tief liegenden Saphir.

“Nur ein Stern am Himmel”, bemerkte ich. “Aber er ist in der Tat ungewöhnlich schön!”

“Es ist deine Erde, von hier aus gesehen.” lächelte Maorion. “Das hättest du nicht gedacht, oder? Ist sie nicht wunderschön? Ich hoffe nur, dass es so bleibt. Es gibt einen Wettlauf um die Zerstörung deines schönen Erdballs, und das muss verhindert werden.”

“Von wem?” Fragte ich düster.

“Das wird sich zeigen, wenn die äußerste Grenze erreicht ist”, lautete die kryptische Antwort. Mir blieb keine Zeit für weitere Kommentare, denn ein plötzlicher Dunst umgab das Boot. Es fühlte sich feucht und kalt an, so wie man einen Nebel auf dem Meer empfindet. Wir sahen uns nicht, saßen also ganz still, aber ich spürte Shalas Hand in meiner. Ob es mir oder ihr Sicherheit gab, weiß ich nicht. Aber ich weiß, dass der Nebel wie ein Stück Papier zerrissen wurde und wir immer noch im Boot saßen. Nun befanden wir uns in einem Kanal. Er war eng und gewunden und die Natur auf beiden Seiten vermittelte mir einen Eindruck von Peru. Ich war noch nie dort; ich wusste nur, dass Peru so aussehen musste, mit hohen bewaldeten Bergen, so weit man sehen konnte.

“Nein, du bist nicht in Peru, Jan”, versicherte der Gedankenleser Maorion. “Diese Landschaft ist gebirgig, aber es gibt hier auch Wälder und Ebenen. Wir werden die Inkas und die Azteken besuchen, die ebenfalls hier lebten, bevor sie auf der Erde inkarnierten. Die Stämme wurden etwa zur gleichen Zeit dorthin geschickt. Aber sie veränderten sich auf die furchtbarste Weise, als sie sich in Mexiko und Peru niederließen. Der Reichtum und die Schönheit, die sie von hier mitbrachten, wurden zu einem religiösen Prunk, der bei ihren schrecklichen Opferzeremonien eingesetzt wurde. Zur Strafe mussten sie auf der Erde aussterben. Sie hätten Kulturträger von hohem Rang werden können, so wie die Mayas, aber keiner von ihnen wurde das. In der Gegenwart auf der Erde ist so ziemlich das Gleiche im Begriff zu geschehen. Unschuldige Menschen werden in einem nicht enden wollenden Terror geopfert.”

Etwas weiter entfernt ragte ein aus Steinen gebauter Steg aus dem Ufer. Maorion steuerte sofort den Steg an und machte das Boot fest. Nun gingen wir in einem neuen, unbekannten Land von Bord.

Customer reviews, Amazon.de:

Anne Holy
5.0 out of 5 stars
Wahrscheinlich für mich geschrieben
Dieses Buch wurde für mich geschrieben. Ich bin froh, es gelesen zu haben. Mit was für einer Fröhlichkeit können wir leben, in Erwartung von Großem und völlig unbekanntem. Mir erscheint alles interessant und wahr und wer möchte dieses oder ähnliches nicht selbst erleben. Die normale Erde ist einfach zu normal für manche von uns. Ich bin so einer. Jeder erfahre, was er möchte. Wir sind nicht allein.

Dagmar Strüver
5.0 out of 5 stars
Sehr gut
Wie gewohnt.

Peter Foss
5.0 out of 5 stars
P.Foss
Ein sehr sehr gutes buch.